Stressbewältigung & Entspannung

Ernährungsverhalten und Bindung

Wie frühe (Bindungs-) Prägungen Dein Ernährungsverhalten steuern

Ein beeinträchtigtes Ernährungsverhalten ist weit verbreitet und betrifft Menschen aller Altersgruppen und sozialer Hintergründe, wobei Frauen besonders häufig betroffen sind. Was viele nicht wissen, ist, dass die Ursachen für unser Ernährungsverhalten und unsere Körperwahrnehmung oft tief in den frühen Prägungen unserer Kindheit verwurzelt sind. In diesem Beitrag zeige ich auf welche Einflussfaktoren unser Ernährungsverhalten bestimmen und wie diese zur Entstehung von destruktiven Ernährungsmustern oder Essstörungen sowie zu einer negativen Körperwahrnehmung beitragen. Am Ende wird deutlich, dass die Aufarbeitung von Kindheitstraumata unerlässlich ist, um Frieden mit uns selbst und unserer Ernährung zu finden. Bis Du professionelle Hilfe gefunden hast, bekommst Du von mir sechs Tipps zur Selbsthilfe.

Ist Dein Ernährungsverhalten problematisch?

Bist Du unsicher, ob dieser Beitrag für Dich relevant ist? Dann schau doch mal, ob Du Dich in den folgenden Punkten wiedererkennst:

  • Du wirst unruhig, gereizt und kannst nicht mehr klar denken, wenn Du hungrig bist?
  • Du belohnst Dich mit leckerem Essen, wenn Du einen harten Tag oder herausfordernde Aufgaben hinter Dir hast?
  • Du greifst zum Essen, wenn Du gestresst, wütend, gelangweilt oder traurig bist?
  • Du leidest unter Heißhungerattacken, die oft in einem unkontrollierbaren Fressanfall ausarten?
  • Du greifst häufig zu ungesunden Lebensmitteln wie Süßigkeiten und Fettigem und hast danach ein schlechtes Gewissen?
  • Du neigst zum Überessen und erkennst zu spät, dass Du gar keinen Hunger mehr hast?
  • Du hältst Dich an strenge Ernährungsregeln, die Dich manchmal im Alltag einschränken?
  • Du fastest regelmäßig, weil Du Dich dann stark und kontrolliert fühlst?
  • Du kämpfst unablässig um ein selbst auferlegtes Idealgewicht, zählst ständig Kalorien und machst eine Diät nach der anderen? 
  • Du treibst exzessiv Sport und fühlst Dich schlecht, wenn Du dem mal nicht nachgehen kannst?

Wenn Du Dich in diesen Beschreibungen wiederfindest, fragst Du Dich nun, ob Dein Ernährungsverhalten und Dein Umgang mit Hunger oder Emotionen normal oder bedenklich ist. Um das herauszufinden, sollten wir uns zuerst eine grundlegende Frage stellen: Worum geht es beim Essen eigentlich?

Die eigentliche Bedeutung von Nahrungsaufnahme

Nahrungsaufnahme dient dem Menschen im eigentlichen Sinne zur Versorgung des Körpers mit den notwendigen Nährstoffen, die für das Überleben und die Gesundheit essenziell sind. Nahrung liefert Energie, die unser Körper benötigt, um grundlegende Funktionen wie Atmung, Kreislauf, Wachstum und Zellreparatur aufrechtzuerhalten. Makronährstoffe wie Kohlenhydrate, Fette und Proteine liefern die Energie, während Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe zahlreiche biochemische Prozesse unterstützen.

Darüber hinaus spielt das Essen in unserer Gesellschaft auch eine wichtige Rolle in der sozialen und kulturellen Interaktion. Gemeinsame Mahlzeiten fördern ein Gemeinschaftsgefühl, Austausch und soziale Bindungen. Ist Nahrungsaufnahme also doch viel mehr als eine physiologische Notwendigkeit? Das folgende Kapitel lässt uns dieser Frage genauer auf den Grund gehen.

Wie und wann wird unser Ernährungsverhalten geprägt?

Unser Ernährungsverhalten ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren. Besonders entscheidend sind dabei die frühkindlichen Erfahrungen, die wir im Umgang mit Nahrung machen. Diese prägen nicht nur unsere heutigen Ernährungsgewohnheiten, sondern auch, wie wir unseren Körper wahrnehmen und bewerten.

Frühe Ernährung

Vorgeburtliche und frühe Prägungen durch Trauma

Frühkindliche Bindungstraumatisierungen können zu destruktiven Ernährungsgewohnheiten, Essstörungen und einer negativen Körperwahrnehmung führen. Doch in welchen Entwicklungsphasen sind wir besonders anfällig für solche Prägungen?

Transgenerationales Trauma
Unser Ernährungsverhalten kann tatsächlich bereits vor unserer Geburt durch Traumatisierungen früherer Generationen beeinflusst werden – etwa wenn unsere Vorfahren in Kriegszeiten Hunger litten. Wenn solche existenziellen Traumata in der Familie nicht aufgearbeitet wurden, können deren Auswirkungen noch heute in Form von Essstörungen und einem verzerrten Körperbild in uns weiterwirken.

Vorgeburtliches Bindungstrauma
Während wir im Mutterleib heranwuchsen, wurden wir über unsere Mutter mit Nahrung versorgt. Ihre Verfassung spielte dabei eine entscheidende Rolle für unser Wohlbefinden. Da wir eins mit ihr waren, wurden wir nicht nur von ihrer physischen Gesundheit beeinflusst, sondern auch von ihren emotionalen Zuständen und ihrer Einstellung zum Essen. Nahm sie gesunde Nahrungsmittel zu sich oder eher ungesunde, begleitet von Schuldgefühlen? Hat sie das Essen genossen, oder hatte sie Angst, zu dick zu werden? Stresshormone wie Cortisol können über die Plazenta auf das ungeborene Kind übertragen werden, was dessen Entwicklung beeinflussen und zu einer erhöhten Anfälligkeit für Stress und Angstzustände führen kann. Es wird also deutlich, dass diese frühen Einflüsse das spätere Ernährungsverhalten und Körperbild prägen können.

Bindungstrauma nach der Geburt
Nach der Geburt erfolgt die Nahrungsaufnahme meist über das Stillen, das jedoch weit mehr als nur Ernährung ist. Der Stillvorgang fördert auch die Bindung zwischen Mutter und Kind, da Hautkontakt, liebevoller Blickkontakt und emotionale Nähe essenziell für das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit sind. Fehlt diese emotionale Nahrung, kann dies ein Ungleichgewicht im Ernährungsverhalten und der Körperwahrnehmung auslösen. Kinder, die emotional vernachlässigt wurden, suchen oft Ersatz in Nahrung, um das Gefühl der Leere zu füllen.

Wenn das Stillen ausblieb, fehlte die Erfahrung der natürlichsten Form von genährt werden, was sich ebenfalls auf das spätere Leben auswirken kann. Auch die Art und Weise, wie das Stillen erfolgte, spielt eine Rolle: War es ein Moment der Freude und Verbindung, oder war es von Stress und Widerstand geprägt? Wurden wir unmittelbar gestillt, wenn wir Hunger hatten, oder mussten wir uns hungrig in den Schlaf weinen?  

Deshalb werden wir emotional, wenn wir Hunger haben!

Hast Du Dich schon mal gefragt, warum viele von uns innere Unruhe, Reizbarkeit oder sogar Angst verspüren, wenn sie hungrig sind? Der Grund dafür liegt in der tiefen Verbindung zwischen Hunger und den emotionalen Zuständen, die in unseren frühen Lebensphasen geprägt wurden.

Als Säuglinge und Kleinkinder waren wir vollständig auf unsere Bezugspersonen angewiesen, um unsere Grundbedürfnisse, einschließlich Nahrung, erfüllt zu bekommen. Wenn wir hungrig waren und unsere Bezugsperson nicht zuverlässig auf dieses Bedürfnis reagiert hat, entstand in uns eine Todesangst. Wir fühlten uns ohnmächtig, hilflos und verlassen. Kognitiv konnten wir nicht begreifen,  dass wir früher oder später wieder Nahrung erhalten werden. Durch solche frühen Erfahrungen wurde unsere emotionale Reaktion auf Hunger nachhaltig geprägt, sodass wir auch im Erwachsenenalter mit innerer Unruhe reagieren, wenn wir hungrig sind. Der physische Zustand des Hungers wird zum Trigger, der die tief verwurzelte Gefühle von Ohnmacht und Angst reaktiviert.
Die Ernährungsberaterin Madeleine Dähling bringt es in ihrem Blog-Beitrag treffend auf den Punkt:

„Wenn der Fokus auf die Ernährung immer größer wird, dann liegt das daran, dass das Essen zur Projektionsfläche für ein anderes Thema wird.“ (Dähling, Madeleine 2024).

Das unsere Ernährungsgewohnheiten bereits in der Kindheit geprägt werden, belegt auch eine Studie der Ernährungswissenschaftlerinnen Aida Faber und Laurette Dubé von der McGill University in Montreal (Kanada). Sie untersuchten, wie die Bindung zwischen Eltern und Kindern das spätere Essverhalten beeinflusst. Dazu befragten sie 213 Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren zu ihrer Beziehung zu den Eltern und ihrer Ernährung. Die Ergebnisse zeigten: Kinder mit einem unsicheren Bindungsstil griffen häufiger zu hochkalorischen Lebensmitteln und hatten weniger Kontrolle über ihr Ernährungsverhalten im Vergleich zu Kindern mit einem sicheren Bindungsstil. Der unsichere Bindungsstil schien Stress auszulösen, der durch emotionales Essen – insbesondere durch den Konsum von fettigen, süßen oder salzigen Speisen – kompensiert wurde. Zudem befragten die Forscherinnen 216 Erwachsene, die rückblickend ihren Bindungsstil in der Kindheit und ihr aktuelles Ernährungsverhalten beschrieben. Auch hier zeigte sich, dass die Kindheit nachwirkte: Erwachsene mit einer unsicheren Bindung an die Eltern konsumierten mehr Kalorien als diejenigen, die als Kinder eine sichere Bindung entwickelt hatten.

Einfluss des familiären und sozialen Umfelds

Auch im weiteren Verlauf unserer Kindheit werden wir durch unsere Familie, andere nahestehende Bezugspersonen und Institutionen wie Kitas, Schulen oder Vereine etc. im Zusammenhang mit Ernährung und Körperwahrnehmung geprägt. Die folgenden Beispiele und Fragen kannst Du nutzen, um Dir über Deine Prägungen klar zu werden.

Die Rolle der Eltern als Vorbild
Unsere Eltern oder andere nahe Bezugspersonen sind oft die ersten und prägendsten Vorbilder in Sachen Ernährung und Körperwahrnehmung. Wie haben wir sie im Umgang mit Ernährung erlebt? Fühlten sie sich wohl in ihrem Körper? Aßen sie gerne, oder waren Diäten und Selbstkritik an der Tagesordnung? Verglichen sie sich mit anderen, oder sprachen sie negativ über ihre eigene Figur oder die anderer? Wenn unsere Eltern ein negatives Verhältnis zum Essen und ihrem Körper hatten, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir diese Muster übernommen haben.

Weitere Erfahrungen in der Kindheit
Auch andere Erfahrungen mit Ernährung innerhalb und außerhalb der Familie spielen eine große Rolle. Was haben wir über Ernährung im Kindergarten oder der Schule gelernt? Wurden Nahrungsmittel als Belohnung oder Bestrafung eingesetzt? Wurden wir ermahnt, mehr oder weniger zu essen? Wurden wir für unsere Figur gelobt oder kritisiert? Solche Erlebnisse führen dazu, dass das Essen nicht nur als Nahrungsmittel gesehen wird, sondern als Instrument zur Kontrolle und Bewertung. Wenn Du Dich auch heute noch mit Nahrungsmitteln belohnst, zum Beispiel nach einem anstrengenden Tag, hast Du solche Erfahrungen vermutlich verinnerlicht. 

Medien und Werbung als Einflussfaktor
Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss von Film, Fernsehen und Werbung auf unsere Körperwahrnehmung und unser Ernährungsverhalten. Von klein auf wird uns in Filmen, Serien und Werbespots vermittelt, welche Körper als schön gelten und welche nicht. Mithilfe von Werbespots wird versucht, bestimmte Lebensmittel mit Gefühlen oder Lebenssituationen zu verknüpfen, um uns so zu konditionieren und unser Kaufverhalten zu beeinflussen. Wer kennt sie nicht, die Bilder von Menschen, die bei Liebeskummer Eiscreme oder Schokoladenkuchen essen, oder die Szenen, in denen im freudigen Kontext Alkohol getrunken wird? Doch welche menschlichen Vorgänge macht sich die Werbung hier zunutze? 

Wann wird unser Ernährungsverhalten zum Problem?

Wir wissen nun bereits, dass das Essen eng mit sozialer Bindung verknüpft ist, die für uns Menschen genauso lebenswichtig ist wie Nährstoffe selbst. Problematisch wird unser Ernährungsverhalten dann, wenn es als Ersatz für menschliche Nähe dient oder zur Hauptstrategie wird, um emotionale Belastungen zu bewältigen. Auch wenn Essen oder der Verzicht darauf die einzige Methode ist, um sich in herausfordernden Momenten zu regulieren und besser zu fühlen, spricht das für tieferliegende Probleme.

Ein ungesundes Verhältnis zum Essen zeigt sich ebenfalls, wenn die Nahrungsaufnahme den Alltag dominiert: sei es durch übermäßiges Essen, extremes Fasten oder den ständigen Konsum ungesunder Lebensmittel. Es verhält sich ähnlich wie bei einer Sucht: Man tut etwas, obwohl man weiß, dass es einem schadet – und dennoch kann man nicht damit aufhören.

Wenn gesundheitliche Beschwerden wie Über- oder Untergewicht, Magen-Darm-Probleme, Diabetes oder Entzündungen auftreten, kann das ebenfalls auf ein problematisches Ernährungsverhalten zurückgeführt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Ernährungsverhalten problematisch wird, wenn es zu einem spürbaren Leidensdruck führt oder gesundheitliche Schäden verursacht.

Allgemeines Verständnis von Essstörungen

Essstörungen gelten im allgemeinen Verständnis als ernsthafte psychische Erkrankungen, die in verschiedenen Formen auftreten, wie Magersucht (Anorexia nervosa), Bulimie (Bulimia nervosa) oder Binge-Eating-Störung. Auch emotionales Essen, bei dem Menschen auf Emotionen wie Stress, Angst oder Einsamkeit mit Essen reagieren, kann als Essstörung betrachtet werden. Dabei greifen Betroffene oft zu kalorienreichen, zuckerhaltigen oder fettigen Lebensmitteln, dem sogenannten „Comfort Food“, selbst wenn kein physischer Hunger besteht. Diese Form des Essens bietet jedoch nur kurzfristige Erleichterung und wird häufig von Schuldgefühlen oder Scham abgelöst.

Essstörungen

Was alle Essstörungen gemeinsam haben, ist ein ungesundes Ernährungsverhalten und ein verzerrtes Körperbild, das Betroffene in einem Kreislauf von negativen Gefühlen und Essgewohnheiten gefangen hält. Doch sind Essstörungen wirklich Erkrankungen? Oder können sie vielmehr als Überlebensmechanismen verstanden werden, die sich aus frühkindlichen Traumata entwickeln?

Essstörungen als Überlebensstrategien

Ich persönlich betrachte Essstörungen und schlechte Ernährungsgewohnheiten als Symptome von frühen Entwicklungs- und Bindungstraumatisierungen. Diese Verhaltensweisen sind Versuche, sich an ein destruktives Umfeld anzupassen und Kontrolle über eine ansonsten ohnmächtige Lebenssituation zu erlangen. Betroffene versuchen durch strenge Disziplin und spezifische Ernährungsgewohnheiten, die Kontrolle zurückzugewinnen, die ihnen im traumatischen Umfeld entzogen wurde.

Das Erreichen eines gewünschten Körpergewichts durch strenge Ernährungspläne, Diäten, Fastenkuren oder exzessiven Sport erscheinen als Wege, um etwas zu bewirken, das vermeintlich Glück und Erfüllung bringt.

Doch in Wahrheit sind diese Bemühungen oft Illusionen, die von der eigentlichen inneren Not ablenken. Essstörungen können somit als Vermeidungsstrategie dienen, um die schmerzhaften Gefühle zu verdrängen, die mit den Traumatisierungen verbunden sind.

Essstörungen als Schutzmechanismus bei Missbrauch

Besonders im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch kann das Hungern oder Überessen als Schutzmechanismus betrachtet werden. Ein Mädchen, das sexuelle Übergriffe erleidet, könnte versuchen, sich durch drastisches Abnehmen ihres weiblichen Körpers zu entledigen. Ein Junge, der Missbrauch erfährt, könnte übermäßig essen, um durch Gewichtszunahme unattraktiv für seine Täter zu werden und diese von sich fernzuhalten.

Tragischerweise verstärken Betroffene ihre Not durch die Essstörung noch weiter. Diese ist bereits ein Überlebensmechanismus, der viel Energie und Kraft kostet. Werden dem Körper dann zusätzlich gesunde Nährstoffe entzogen oder wird er durch exzessives Verhalten belastet, kann dies langfristig zu Erschöpfung, Depressionen und anderen gesundheitlichen Problemen führen.

Um ein ungesundes Ernährungsverhalten zu verändern, darf das Thema Essen nicht isoliert betrachtet werden. Deshalb führt es langfristig nicht zum Erfolg, wenn Gelüste zwanghaft unterdrückt werden oder immer wieder gegen Essanfälle angekämpft wird. Auf einer tiefen Ebene scheinen diese Dinge noch lebensnotwendig für das Nervensystem. Erst wenn die Bereitschaft da ist, die Ursache dieser Überlebenskämpfe zu ergründen, können sie wirklich losgelassen werden.

Ernährungsverhalten ändern - Ganzwerdung

Warum sich Essen so gut als Überlebensstrategie eignet

Ein weiterer Grund, warum wir oft zum Essen greifen, um emotionale Herausforderungen und Stress zu bewältigen, liegt in den körperlichen und psychologischen Reaktionen, die bestimmte Lebensmittel in uns auslösen. Ich halte es für sinnvoll, diese Mechanismen kurz zu betrachten:

Körperliche Reaktionen:
Der Verzehr von Nahrungsmitteln setzt Neurotransmitter und Hormone frei, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Genussvolles Essen aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn, was zur Freisetzung von Dopamin führt und uns Zufriedenheit und Wohlbefinden spüren lässt. Besonders kohlenhydratreiche Lebensmittel fördern die Produktion von Serotonin, das stimmungsaufhellend wirkt. Zuckerhaltige Lebensmittel lassen den Blutzuckerspiegel rasch ansteigen, was kurzfristig Energie und ein gutes Gefühl gibt, jedoch oft von einem schnellen Abfall des Blutzuckerspiegels gefolgt wird.

Psychologische Reaktionen:
Bestimmte Lebensmittel sind oft mit positiven Erinnerungen verknüpft, sei es durch besondere Lebensmomente oder durch den Einfluss von Werbung, die emotionale Assoziationen schafft. Der Verzehr solcher Lebensmittel kann dann ein Gefühl von emotionaler Sicherheit und Nostalgie hervorrufen. Bei Stress neigt unser Körper dazu, uns dazu zu veranlassen, nach Energiequellen zu suchen, um den Stress zu bewältigen – daher rührt der häufige Heißhunger auf kalorienreiche Lebensmittel in stressigen Zeiten.

Das Verständnis dieser Zusammenhänge kann Dir helfen, bewusster mit Deinem Ernährungsverhalten umzugehen und die emotionalen Auslöser besser zu erkennen. So kannst Du gesündere Essgewohnheiten entwickeln und erste Schritte zur Vorbeugung oder Heilung von destruktiven Ernährungsgewohnheiten oder Essstörungen einleiten.

Traumabewältigung als Schritt zu einem gesunden Ernährungsverhalten

Du hast nun einen Überblick darüber erhalten, auf wie vielfältige Weise Dein Ernährungsverhalten beeinflusst wird, welche tiefsitzenden Ursachen dahinterstehen können und welche Folgen dies nach sich ziehen kann. Wenn Du selbst betroffen bist, fragst Du Dich jetzt wahrscheinlich, wie Du zu einem gesunden Umgang mit dem Essen zurückfinden kannst. Diese nachstehenden sechs Schritte können ein guter Anfang sein.

Selbsthilfe für ein gesundes Ernährungsverhalten

1. Akzeptiere, dass Dein Ernährungsverhalten beeinträchtigt ist
Der erste Schritt zur Veränderung ist das Eingeständnis, dass Dein aktuelles Ernährungsverhalten problematisch ist. Diese Erkenntnis erfordert Mut, ist aber entscheidend, um den Weg zur Heilung zu beginnen.

2. Ergründe die Ursachen Deines Ernährungsverhaltens
Verstehe, dass das Essen und Dein Körper nie das eigentliche Problem waren. Die Ursachen für Dein Ernährungsverhalten liegen in alten, tiefsitzenden Traumawunden. Solange Du nur die Symptome behandelst, bleibt die zugrundeliegende Ursache bestehen. Frage Dich, welche Gefühle Du mithilfe des Essens vermeidest und welche emotionalen Bedürfnisse Du Dir damit zu erfüllen versuchst und ergründe so die Ursachen für Deine Ernährungsprobleme.

3. Erweitere Dein Bewusstsein und Wissen
Verständnis ist der Schlüssel zur Veränderung. Beschäftige Dich mit den psychologischen und physiologischen Mechanismen hinter Deinem Ernährungsverhalten. Je mehr Du über die Zusammenhänge zwischen Trauma, Ernährung und Körperwahrnehmung weißt, desto besser kannst Du Dein Verhalten verstehen und ändern.

4. Reguliere Dein Nervensystem auf konstruktive Weise
Unverarbeitete Traumatisierungen halten Dein Nervensystem ständig auf Hochtouren. Dieser Zustand ist anstrengend und verlangt nach Regulierung. Oft greifen wir dabei zu Essen, weil es kurzfristig beruhigend wirkt. Es ist wichtig, dass Du jetzt alternative Wege findest, um Dein Nervensystem zu beruhigen, zum Beispiel durch Atemtechniken, Meditation oder Bewegung. Auch ein entspannendes Bad, ein Spaziergang in der Natur oder das Lesen eines guten Buches können Dir helfen, Dich selbst zu nähren, ohne auf Essen zurückzugreifen.

In meinem Beitrag über den Vagusnerv gebe ich Dir acht einfache Übungen an die Hand, um Dein Nervensystem zu regulieren. Außerdem findest Du darin Buchempfehlungen, um Dein Wissen zu diesem Thema zu vertiefen.

Vagusnerv stimulieren

Der Vagusnerv und die Bedeutung der Polyvagal-Theorie für die Traumaheilung

5. Lerne, Dich selbst zu lieben und gut für Dich zu sorgen
Oft versuchen wir, durch Anpassung an andere Menschen die Liebe und Anerkennung zu bekommen, die wir früher nicht erhalten haben. Doch das führt nur zu einem Teufelskreis aus Frustration und emotionalem Essen. Es ist wichtig, dass Du lernst, Dir selbst die Fürsorge zu geben, die Du brauchst. Werde die Person, die Du Dir als Kind oder in Beziehungen gewünscht hast, und fülle Deine innere Leere nicht länger mit Essen. Akzeptiere auch Deinen Körper so, wie er ist, und konzentriere Dich auf seine Fähigkeiten und Stärken, anstatt nur auf das äußere Erscheinungsbild.

6. Verändere bewusst Deine Ernährungsgewohnheiten
Beobachte genau, wann und warum Du zu bestimmten Lebensmitteln greifst. Welche Gefühle oder Situationen lösen Dein Verlangen aus? Wurdest Du durch Werbung oder emotionale Trigger dazu animiert, zu essen? Gibt es eine gesündere Weise, Dein Bedürfnis zu stillen? Lerne, Dein Essverhalten zu hinterfragen und auf die Signale Deines Körpers zu hören, statt aus Gewohnheit oder emotionalen Impuslen heraus zu essen. Wenn Du zum Beispiel aus Langeweile isst, ersetze das Essen durch eine andere Aktivität, die Dir Freude bereitet und guttut.

Therapeutische Unterstützung für ein gesundes Ernährungsverhalten

Da Dich Deine Überlebensmechanismen je nach Zeitpunkt und Schwere der Traumatisierungen womöglich schon Dein ganzes Leben begleiten, empfehle ich, Deine frühen Prägungen und lebenslangen Konditionierungen mithilfe einer Therapie aufzuarbeiten. Unter fachmännischer Betreuung kannst Du ein neues Ernährungsverhalten etablieren. Die folgenden therapeutischen Ansätze können dabei hilfreich sein:

  • Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): Diese Therapieform hilft Dir, ungesunde Denkmuster zu erkennen und zu verändern, die zu einem beeinträchtigten Ernährungsverhalten führen.
  • Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT): Ursprünglich zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickelt, kann DBT auch bei Essstörungen helfen, indem sie emotionale Regulation und Achtsamkeit fördert.
  • Traumatherapie: Traumatherapeutische Ansätze wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) können Dir helfen, tief verwurzelte emotionale Wunden zu heilen und ein Leben frei von alten Belastungen zu leben.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann Dir das Gefühl geben, verstanden zu werden und weniger allein zu sein. Außerdem kann Dir eine Gruppentherapie helfen, herauszufinden, welche Unterstützung für Dich am besten ist.

Es ist wichtig zu wissen, dass Heilung nicht von heute auf morgen geschieht. Sie ist ein Prozess, der Geduld, Selbstmitgefühl und professionelle Unterstützung erfordert. Doch wenn Du diesen Weg einschlägst, Dich Deiner Vergangenheit stellst, um neue, gesunde Überzeugungen zu entwickeln, kannst Du ein harmonisches Verhältnis zum Essen und zu Deinem Körper herstellen.

Ich hoffe, dass Dir mein Beitrag neue Einblicke in die Ursachen deiner Ernährungsprobleme gegeben hat und Du nun weißt, wo Du ansetzen kannst. Mich interessiert sehr, ob Du beim Lesen Aha-Momente hattest und wie Du Dich jetzt fühlst. Hinterlasse gerne einen Kommentar, um zu zeigen, dass wir viele sind.

Danke und schön, dass Du da bist!

Quellenverweise: 

Ruppert, Franz (2019): Liebe, Lust und Trauma: Auf dem Weg zur gesunden sexuellen Identität, 1. Aufl., München

Dähling, Madeleine (2024): Erlösung durch die (richtige) Ernährung? Abgerufen am 14.08.2024, von https://www.madeleinedaehling.de/blogartikel/erloesung-durch-die-richtige-ernaehrung/

Ärzteblatt (2015): Ernährung und Bindungsstil: Unsichere Bindung fördert Essstörungen. Abgerufen am 12.08.2024 von https://www.aerzteblatt.de/archiv/172998/Ernaehrung-und-Bindungsstil-Unsichere-Bindung-foerdert-Essstoerungen

Vagusnerv stimulieren

Der Vagusnerv und die Bedeutung der Polyvagal-Theorie für die Traumaheilung

Die Polyvagal-Theorie ist eine von dem US-amerikanischen Psychiater und Neurowissenschaftler Stephen W. Porges entwickelte Theorie, die sich mit dem Vagusnerv und dessen Einfluss auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen beschäftigt. Sie schenkt uns eine neue Sicht auf das autonome Nervensystem (ANS) und seinen Einfluss auf die Traumaheilung. In diesem Beitrag gebe ich Dir einen Überblick über die Funktionsweise des ANS und die Polyvagal Theorie. Du erfährst, warum ein Gefühl von Sicherheit für Deine Heilung maßgeblich ist und bekommst Übungen an die Hand, mit denen Du Deinen Vagusnerv stimulieren kannst, um dieses Gefühl zu stärken. Zu guter Letzt darfst Du Dich auch in diesem Beitrag über Buchempfehlungen freuen, um Dein Wissen zu diesem Thema noch mehr zu vertiefen. 

Das autonome Nervensystem (ANS)

Das autonome Nervensystem (ANS) ist Teil des komplexen Nervensystems des Menschen, das den ganzen Körper durchzieht. Ohne unseren Einfluss steuert und reguliert es lebenswichtige Körperfunktionen wie etwa Stoffwechsel, Blutkreislauf, Herzschlag, Verdauung und Wärmehaushalt.

Das Hauptziel aller Aktivitäten unseres ANS ist es, unser Überleben zu sichern. Bisher ist man davon ausgegangen, dass es sich zu diesem Zweck zweier Systeme bedient: dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem oder anders ausgedrückt dem Sympathikus und dem Parasympathikus.

Der Sympathikus aktiviert den Körper in Situationen, die eine erhöhte Aufmerksamkeit oder eine schnelle Reaktion erfordern, wie beispielsweise Stresssituationen oder bei körperlicher Anstrengung. Der Parasympathikus wirkt im Gegensatz dazu beruhigend und fördert Regenerations- und Erholungsprozesse im Körper, wodurch Heilung und ein Zustand von Gesundheit möglich werden.

Im Normalfall, so die Annahme, sorgt die autonome Regulation des ANS dafür, dass wir situationsbedingt zwischen diesen beiden Zuständen hin und her pendeln. Der Psychiater und Neurowissenschaftler Stephen W. Porges fand durch die Erforschung des Vagusnervs als wesentlichen Teil des Parasympathikus jedoch heraus, dass diese Zweiteilung nicht dem wahren Aufbau unseres Nervensystems entspricht.

Der Vagusnerv in der Polyvagal-Theorie

Der Vagusnerv spielt als längster Nerv im Körper eine entscheidende Rolle. Er verläuft vom Hirnstamm bis zum Bauchraum und beeinflusst eine Vielzahl von Organen und Körperfunktionen. In über 40 Jahren Forschung erkannte Porges, dass es sich beim Vagusnerv nicht um einen einzelnen Nerv handelt, sondern das dieser wiederum in zwei Stränge aufgeteilt ist, die anatomisch in unterschiedlichen Körperregionen verlaufen und dadurch verschiedene Aufgaben erfüllen.

Der dorsale (hintere) Vagus beeinflusst überwiegend die inneren Organe, die unterhalb des Zwerchfells liegen: Magen, Darm, Leber und Nieren. Er ist mit dem sympathischen Nervensystem verbunden, das wie bereits erwähnt für die Mobilisierung von Energie zuständig.

Der ventrale (vordere) Vagus beeinflusst hingegen die Bereiche oberhalb des Zwerchfells, vor allem die, die wir für soziale Aktivitäten benötigen: Herz, Kehlkopf, Rachen, Mund, Gesicht und Mittelohr. Er ist für die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems verantwortlich und spielt eine entscheidende Rolle in sozialen Interaktionen und der Verbindung zu anderen Menschen. So beeinflusst er unsere Fähigkeit, mit anderen in Beziehung zu treten, soziale Signale wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren.

In der Polyvagaltheorie geht Porges also davon aus, dass unser ANS aus drei Systemen besteht, die je nach Situation autonom aktiviert werden und unser Verhalten steuern. Die Theorie besagt außerdem, dass unser ANS unsere Umgebung permanent daraufhin untersucht, ob sie sicher, gefährlich oder sogar lebensbedrohlich ist. Dazu verwendet es Signale, die sowohl aus der Umgebung als auch aus den inneren Organen an das ANS übermittelt werden. Dieser Vorgang, Neurozeption genannt, läuft ebenfalls weitgehend unbewusst ab.

Verhaltensstrategien der drei Nervensysteme

Im Folgenden nenne ich die drei Nervensysteme und die entsprechenden Verhaltensstrategien, die je nach Einschätzung einer Situation unabhängig von unserem bewussten Verstand (also völlig autonom) aktiviert werden: 

1. Sozialer Kontakt (Ventraler Vagus)

Wird eine Situation als sicher eingeschätzt, kommt es zu einer Aktivierung des ventralen Vagus. Unsere Herzfrequenz sinkt, die Atmung wird langsamer  und es entsteht ein Zustand der Entspannung und Ruhe. Dieser Zustand ermöglicht es, uns sicher und verbunden zu fühlen und unterstützt die Fähigkeit zur Kommunikation und Empathie. In diesem Zustand und tatsächlich nur in diesem Zustand ist soziale Interaktion und Bindung möglich.

Vagusnerv - Soziale Interaktion

2. Mobilisierung (Sympathikus)

Kommt unser Nervensystem zu der Einschätzung, dass die Situation unsicher ist, wird der Sympathikus mit Kampf-Flucht-Mechanismen aktiviert. Unsere Herzfrequenz erhöht sich, die Atmung beschleunigt sich, die Pupillen werden weit, die Verdauung wird gehemmt und die Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin wird angeregt.

3. Immobilisation (Dorsaler Vagus)

Wird eine Situation sogar als lebensbedrohlich eingeschätzt, weil weder Kampf noch Flucht möglich erscheinen, kommt es zu einer Aktivierung des dorsalen Vagus. Dabei wird unsere Atmung flach, die Herzfrequenz sinkt auf ein Minimum, die Muskelspannung wird äußert gering und die Magen-Darm-Tätigkeit kommt fast zum Erliegen. Es kommt sozusagen zu einem Notfallprogramm, indem unser System in den „Shutdown“ geht. Wir kennen diesen Zustand auch als Totstellreflex, Erstarrung oder Freeze (Einfrieren).

Um unser Überleben zu sichern, werden diese drei Verhaltensstrategien in Stress- oder Bedrohungssituationen der Reihenfolge nach aktiviert. Das heißt, wenn wir uns bedroht fühlen, versuchen wir die Gefahr zunächst durch Interaktion und Kommunikation zu bannen. Gelingt dies nicht oder erscheint der Versuch von vornherein aussichtslos, schaltet unser System um auf „Kampf oder Flucht“. Ist auch dies nicht möglich, bleibt nur noch der Shutdown.

Diese Erkenntnisse schenken einen ganz neuen Zugang zum menschlichen Kontaktverhalten. Wir können daraus ableiten, dass das menschliche Nervensystem grundsätzlich auf Kontakt und Kommunikation ausgerichtet ist. Außerdem wird deutlich, dass Kontakt und Nähe ausschließlich bei einem aktivierten ventralen Vagus möglich sind, was insbesondere in Bezug auf die Heilung von Trauma von Relevanz ist.

Auswirkung von Trauma auf den Vagusnerv und das eigene Leben

Von Trauma ist die Rede, wenn ein Mensch bedrohlichen und überwältigenden Erfahrungen ausgesetzt ist, welche so viel Stress auslösen, dass er diesen mit seinen klassischen Bewältigungsmechanismen nicht mehr begegnen kann. Die Folge ist eine Dysregulation des ANS, einschließlich des Vagusnervs, bei der der Sympathikus überaktiv und der Parasympathikus (ventraler Vagus), unteraktiv ist.

Traumafolge - Dysregulation Vagusnerv

Das heißt, solange ein Trauma nicht verarbeitet werden konnte, kommt das ANS dauerhaft zu der Einschätzung, dass unsere Lebenssituation unsicher oder gar lebensgefährlich ist, obwohl das vielleicht rein objektiv betrachtet gar nicht der Fall ist.

Folgendes Beispiel soll das Ganze veranschaulichen:

Nehmen wir an, wir wurden in unserer Kindheit durch Gewalt seitens des eigenen Vaters traumatisiert. Als Kind waren wir den brutalen Übergriffen vollkommen ausgeliefert. Weder soziale Interaktion noch Flucht-Kampf-Mechanismen konnten unser Überleben sichern. Um zu überleben, mussten wir uns totstellen, womit nicht nur die Abspaltung körperlicher Empfindungen einherging, sondern auch eine psychische Spaltung.

Wir gehen also auch im Erwachsenenalter von einer Bedrohung in unserem Leben aus. Vielleicht ganz allgemein oder ausgelöst durch den Kontakt zu Männern, die Parallelen zum Vater aufweisen. Sogar das bloße In-Beziehung-Sein kann an die schlechten Erfahrungen aus dem Familienumfeld erinnern und die beschriebenen Mechanismen auslösen. 

Zu den klassischen Symptomen eines Lebens in solchen Überlebensmodi zählen eine erhöhte Erregbarkeit, Angstzustände, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Schwierigkeiten bei der Regulation von Emotionen sowie Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen (Angst vor Nähe). Im Prinzip stehen Menschen mit unverarbeiteten Traumata also entweder ständig unter Strom, weil sie im Flucht-Kampf-Modus sind oder sie sind aus dem Shutdown-Modus heraus ständig erschöpft.

Damit unser ANS aufhört auf Gefahren zu reagieren, die in Wahrheit nicht mehr existent sind, müssen wir uns der Traumaheilung zuwenden, wobei uns die Polyvagal Theorie unterstützen kann. 

Die Bedeutung der Polyvagal-Theorie für die Traumaheilung

Die Polyvagal Theorie betont die Bedeutung eines sicheren und unterstützenden Umfelds für die Regulation des autonomen Nervensystems und die Förderung gesunder sozialer Beziehungen. Denn nur, wenn unser ANS zur Einschätzung kommt, dass unsere Umgebung sicher ist, kann Heilung geschehen. Nicht nur, weil unser ANS unser Sozialverhalten beeinflusst, sondern auch, weil es unsere Fähigkeit zum Zuhören und verarbeiten von Informationen steuert.

Je größer die subjektiv empfundene Gefahr eingeschätzt wird, desto weniger Gehirnbereiche stehen uns zur Verfügung. Wird der ventrale Vagus in seiner Aktivität reduziert, sind weite Bereiche unseres kognitiven Verstandes nicht mehr zugänglich. Und wenn wir in einen dorsal-vagalen Zustand verfallen, geht es wortwörtlich nur noch ums blanke Überleben.

Wie wir uns im Alltag verhalten oder zu welchen Verhaltensweisen wir fähig sind, hängt demnach nicht nur von unserem „Wollen“ ab, sondern oftmals auch vom „Können“. Das subjektive Empfinden von Sicherheit ist demnach einer der wichtigsten Punkte auf dem Weg der Ganzwerdung

Das Gefühl von Sicherheit wiederfinden

Vagusnerv stärken für Gefühl von Sicherheit

Um ein Gefühl von Sicherheit in Deinem Leben zu stärken, gilt es zum einen ein äußeres Umfeld zu schaffen, von dem keine Gefahr ausgeht. In diesem Beitrag soll es jedoch um den Vagusnerv gehen, durch dessen Stimulation Du ebenfalls zu Deinem Gefühl von Sicherheit zurückfinden kannst. 

Durch die Stärkung des Vagusnervs förderst Du nämlich die Regulationsfähigkeit Deines Nervensystems und kannst gesündere Verbindungen zu anderen Menschen aufbauen, was sich wiederum vorteilhaft auf Deine Traumaheilung auswirkt.

Darüber hinaus kann die Vagusnerv-Stimulation dazu beitragen, Deine Neuroplastizität zu fördern. Neuroplastizität bezieht sich auf die Fähigkeit Deines Gehirns, sich im Laufe Deines Lebens zu verändern und anzupassen. Es ist ein grundlegender Mechanismus, durch den Dein Gehirn auf neue Erfahrungen und Umweltreize reagiert. Einfach ausgedrückt kann Dein Gehirn also lernen, dass im Hier und Jetzt keine Gefahr mehr besteht.

Welche Möglichkeiten der Vagusnerv-Stärkung gibt es?

Es gibt verschiedene Ansätze zur Stärkung des Vagusnervs, darunter nicht-invasive Techniken wie Atemübungen, Yoga und Meditation, sowie invasive Verfahren durch implantierte Geräte. Im Fokus dieses Beitrags stehen die nicht invasiven Techniken. Jedoch möchte ich der Vollständigkeit halber nur kurz auf beide Ansätze eingehen.

Invasive Techniken

Ein invasiver Ansatz ist die sogenannte Vagusnerv-Stimulation (VNS), bei der ein Gerät implantiert wird, das schwache elektrische Impulse an den Vagusnerv sendet. Diese Impulse aktivieren den dorsalen Vagus und fördern eine verbesserte Regulation und Entspannung. Studien zu Folge soll diese Technik bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und anderen traumabezogenen Symptomen eine gute Wirkung gezeigt haben.

Nicht invasive-Techniken

Doch auch ohne die Implantation eines Geräts können wir unseren Vagusnerv stimulieren. Es gibt eine Reihe einfacher Übungen, die bei regelmäßiger Anwendung helfen können. Ich persönlich schätze den letzten Punkt „Soziale Interaktion“ als am erfolgversprechendsten ein, weil hier der Ursprung von Entwicklungs- und Bindungstrauma liegt. In diesem Zusammenhang empfehle ich das Ehrliche Mitteilen nach Gopal (EM) und verlinke Dir meinen dazugehörigen Beitrag. Vorab erläutere ich aber kurz einige andere, heilsame und leicht anzuwendenden Alltagsübungen:

1. Langsames, tiefes Atmen
Mit einem langsamen, tiefen Atem kannst Du Deinen Vagusnerv stimulieren. Amte dazu langsam und tief in Deinen Bauch ein und aus. Versuche länger auszuatmen, als Du einatmest. Wenn Du magst, kannst Du dabei Sekunden zählen (4 Sekunden einatmen, 8 Sekunden ausatmen). Achte darauf, dass sich Deine Bauchdecke hebt und senkt und Du wirklich gut in den Bauch atmest.

2. Laut Tönen oder Summen
Beim bewussten Summen entstehen Schwingungen und es kommen Muskeln im Rachen und Gaumen zum Einsatz, die mit dem Vagusnerv verbunden sind und ihn stärken können. Du kannst zum Beispiel im Wechsel die Buchstaben A-U-M laut tönen oder summen.

3. Nach rechts und links schauen
Da unsere Augen mit dem Vagusnerv verbunden sind, wirkt sich das starke nach rechts und links schauen positiv auf ihn aus. Wenn Du dabei Deinen Kopf jeweils zur rechten oder linken Schulter neigst, verstärkt es die Wirkung noch.

4. Zunge herausstrecken
Diese Übung wirkt direkt beruhigend auf den Vagusnerv. Öffne dazu Deinen Mund und strecke Deine Zunge so weit Du kannst nach außen unten. Rolle sie dann ein, sodass Deine Zungenspitze fast den Gaumen berührt. Wiederhole das 10-20 Mal.

5. Akupressur und Massage
Ein sanfter Druck auf bestimmte Punkte am Hals oder den Bereich hinter dem Ohrläppchen kann den Vagusnerv stimulieren. Auch die Massage der Ohren ist empfehlenswert. Forme dazu mit Deinem Zeige und Mittelfinger ein V. Setze dann den Zeigefinger hinter dem Ohr und den Mittelfinger vor Deinem Ohr an und streiche hier mit sanftem Druck nach oben und unten.

6. Tiefe, entspannende Klänge
Das Hören von entspannenden, tiefen Klängen, binauralen Beats oder Naturgeräuschen kann ebenfalls zur Stimulation des Vagusnervs beitragen. Auf Youtube findest Du eine große Auswahl solcher Klänge.

7. Achtsamkeitsübungen und Meditation
Entspannungsfördernde Praktiken wie Yoga und Meditation können ebenfalls zur Vagusnerv-Stimulation beitragen. Bestimmte Yoga-Stellungen wie der Fisch oder die Brücke sollen besonders wirksam sein.

8. Soziale Interaktionen
Traumatisierten Menschen fällt Kontakt zu anderen häufig schwer, weil der Ursprung der Entwicklungstraumata in der Verbindung zu anderen Menschen liegt. Positive soziale Interaktionen tragen jedoch in großem Maße zur Stimulation des Vagusnervs bei und Fördern ein Gefühl von Sicherheit. Deshalb liegt hier meiner Einschätzung nach der größte Erfolg, wenn die Interaktion in einem geeigneten und sicheren Rahmen stattfindet. In diesem Zusammenhang möchte ich Dir das Ehrliche Mitteilen (EM) nach Gopal empfehlen, wozu ich bereits einen eigenen Blog-Beitrag verfasst habe. 

Ehrliches Mitteilen (EM) - Heilung von Entwicklungstrauma

Ehrliches Mitteilen (EM) als Schlüssel zur Heilung des Nervensystems

In diesem Beitrag erkläre ich Dir, was genau das Ehrliche Mitteilen ist und wie es Entwicklungstrauma heilen kann. Abschließend lass ich Dich sogar an meinen persönlichen Erfahrungen auf meiner inzwischen knapp 4-jährigen EM-Reise teilhaben.

Wenn Du die Übungen eine Zeitlang ausprobieren möchtest, beachte bitte, dass sie individuell unterschiedlich wirken können. Grundsätzlich solltest Du Dich im Anschluss jedoch wohl, ruhig und entspannt  fühlen. 
Wenn Du bei bestimmten Übungen gesundheitliche Bedenken hast, weil Du an einer Erkrankung leidest, konsultiere bitte vorab einen Arzt oder Therapeuten. Berücksichtige bitte auch, dass die Vagusnerv-Stimulation allein keine Therapie ersetzt, sondern vielmehr als Ergänzung zu anderen psychotherapeutischen Ansätzen betrachtet werden kann.

Buchempfehlungen

Ich hoffe, dass Dir der Beitrag geholfen hat zu erkennen, dass die Stimulation Deines Vagnusnervs eine unterstützende Rolle bei der Regulation Deines autonomen Nervensystems spielt und dadurch positive Auswirkungen auf die emotionale Verarbeitung von Trauma hat. 

Wenn Dich das Thema neugierig gemacht hat und Du mehr darüber erfahren möchtest, empfehle ich Dir  zum Abschluss noch folgende drei Bücher:

Affiliate-/Werbelink: Wenn Du Dir ein Buch über diese Links kaufst, unterstützt Du meine Arbeit, ohne das Dir dadurch ein Nachteil entsteht. Lieben Dank!

Aktuelle Beiträge

Schütteln zur Traumaheilung

21 Tage Schütteln zur Regulierung des Nervensystems

Im Juni dieses Jahres habe ich am BREAK FREE MOVEMENT teilgenommen. Dabei handelte es sich um einem 21-tägigen Schüttel-Workshop mit der Körperforscherin und Bestseller-Autorin Ilan Stephanie. Das Schütteln als Methode zur Traumaheilung brachte bei mir einiges in Bewegung. Auch der theoretische Inhalt des Kurses vermittelte mir wertvolles Traumawissen, das ich unbedingt mit Dir teilen will. Deshalb erkläre ich Dir in diesem Beitrag, was das Schütteln überhaupt ist, wie es zur Traumaheilung eingesetzt werden kann und was das bahnbrechende am Ansatz von Ilan ist. Am Ende erhältst Du dann noch meinen ganz persönlichen Erfahrungsbericht zum Workshop und erfährst, warum ich das Schütteln einstellen musste.

Was ist mit dem Schütteln gemeint?

Du kannst Dir unter dem Schütteln nichts vorstellen und hast keine Idee, wie so etwas funktioniert?
Beim Schütteln an sich bringst Du im Prinzip einfach Deinen ganzen Körper in Bewegung. Eine mögliche Ausgangsposition ist, dass Du mit hüftbreit geöffneten Beinen auf einer Yoga- oder Fitnessmatte stehst. Deine Wirbelsäule ist aufgerichtet und Deine Knie sind entspannt. Mit aufgestellten Füßen beginnst Du nun mit Deinen Beinen zu bouncen, also Deine Beine hoch und runter zu wippen. Dann nimmst Du Deine Handgelenke dazu und schüttelst Deine Hände kräftig aus, so als wolltest Du sie nach dem Händewaschen trocken schütteln. Deine Ellenbogen und Schultern werden sich automatisch mitbewegen.
Das ist eigentlich auch schon alles, wobei Du die Bewegungen natürlich noch ausweiten und variieren kannst. In der Regel ist es so, dass Dein Körper beim Schütteln immer lockerer wird und sich wie von selbst auch Deine Oberschenkel, die Hüften, der Bauch, die Brust, der Hals und der Kopf mit schütteln.

Grundlagen des Schüttelns als Methode zur Traumaheilung

Schütteln für ein gesundes Nervensystem

Das Schütteln als Werkzeug für Deine Heilung baut auf der Trauma-Entspannungsmethode TRE (Tension and Trauma Releasing Exercises) von David Berceli auf. Dabei handelt es sich um spezielle Körperübungen, die das neurogene Zittern im Körper auslösen. Dieses Zittern, dass wir gut im Tierreich beobachten können, ist ein regulierender Mechanismus, um erlebte Anspannung oder Stress schnell abzubauen und zu einem Zustand von Ruhe und Entspannung zurückzukehren. 

Ursprünglich steht dieser Regulationsmechanismus auch uns Menschen zur Verfügung, jedoch wurde er uns gesellschaftlich abtrainiert. Von klein auf wurden wir angehalten, unsere natürlichen und heilsamen Körperimpulse sowie den Ausdruck unserer Gefühle zu unterdrücken. Weil sich unser Körper so nicht mehr von der Spannung und den chemischen Substanzen entladen kann, die ihn in einer traumatischen Situation überladen, benötigen wir heute Übungen und Methoden, um unser Nervensystem zu regulieren. Das Schütteln steht uns neben TRE als solche Methode zur Verfügung.

Entspannungsmethoden bei Trauma

Entspannungsmethoden nach Trauma – Welche Techniken wirklich helfen

In diesem Blog-Beitrag findest Du heraus, warum Entspannung zur Herausforderung werden kann und welche drei Methoden wirklich helfen!

Warum muss unser Nervensystem reguliert werden?

Ein Trauma ist die Folge von überwältigendem Stress, der mit unseren klassischen Regulationsmechanismen nicht bewältigt werden kann. Dieser Stress hat anhaltende Auswirkungen auf unser autonomes Nervensystem (ANS), das für unsere Selbstregulation verantwortlich ist.

Das Stress-Toleranz-Fenster nach Daniel Siegel zeigt sehr deutlich, was sich in unserem Nervensystem abspielt, wenn wir traumatische Erfahrungen machen und warum es wichtig ist, es wieder ins Gleichgewicht zu bringen:

Stress-Toleranz-Fenster

Befindet sich unser Nervensystem in einem natürlichen (gesunden) Zustand, sind wir in der Lage, zwischen Aktivierung und Entspannung hin und her zu pendeln. Unser ANS befindet sich sozusagen in Balance. In diesem Zustand können wir gut mit Stressoren umgehen (Aktivierung) und unsere Akkus im Nachhinein wieder aufladen (Regenerierung).   

Wirkt überwältigender Stress auf uns ein, wird von unserem Körper viel Energie freigesetzt, um uns auf unsere angeborenen Überlebensmechanismen Flucht oder Kampf vorzubereiten. Wenn die Situation mithilfe dieser beiden Bewältigungsmechanismen jedoch nicht bewältigt werden kann, bleibt eine hohe Anspannung in unserem Körper gespeichert. Die Energie findet kein Ventil. Um weiter mit dem Trauma-Stress leben zu können, benötigt unser ANS es eine andere Lösung und die lautet Erstarrung/Freeze. Wir passen uns an und unterdrücken Teile von uns selbst (Identität, Bedürfnisse, Gefühle).
Im Ansatz von Ilan existiert noch eine weitere Ebene und zwar der Kollaps. In diesem befinden wir uns, wenn wir auch unsere Körperempfindungen abtöten. Wir spüren dann Teile unseres Körpers oder den gesamten Körper nicht mehr.

In solchen ungelösten Traumazuständen pendelt unser Nervensystem nicht mehr in einem optimalen Erregungsniveau, sondern zwischen Übererregung und Untererregung. Situationen oder Menschen (Trigger), die uns bewusst oder unbewusst an die traumatischen Erfahrungen erinnern, sorgen für Übererregung in Form von Angst, Wut, Panik oder Unruhe. Durch die Vermeidung der damit verbundenen Traumagefühle folgt die Untererregung in Form von Kraftlosigkeit und Erschöpfung.

Wir sind zwar noch am Leben und funktionieren in unserem Alltag irgendwie, aber wir führen kein wirklich selbstbestimmtes und lebendiges Leben. Wir befinden uns in einem Trauma-Überlebens-Modus. Ein Beispiel soll die Entstehung eines solchen Zustandes verdeutlichen:  

Beispiel Entwicklungstrauma

Ein Kind, das von den Eltern gewünscht war, kommt mit einem zunächst funktionierenden Nervensystem zur Welt. Schnell sind die Eltern mit dem Kind überfordert und streiten sie sich häufig lautstark. Die Schreie des kleinen Kindes werden immer wieder ignoriert. Irgendwann kommt es sogar zu gewalttätigen Übergriffen gegenüber dem Kind, die auch kein Ende mehr nehmen.

Da das Überleben des Kindes von seinen Eltern abhängig ist, steht es Todesängste durch, wenn seine Schreie (mit dem Wunsch nach Nähe oder nach Nahrung) ignoriert werden oder es dafür sogar gestraft und geschlagen wird. Das Kind erfährt überwältigenden Stress.

Kind im traumatischen Umfeld
Es kann seine Bedürfnisse noch nicht artikulieren und sich nicht wehren, weil es seinen Eltern körperlich unterlegen ist. Es kann auch nicht einfach gehen, denn sein Überleben ist von seinen Eltern abhängig. Flucht und Kampf als Lösungsstrategien versagen, sodass das Kind sein Überleben anderweitig sichern muss. Es passt sich an, indem es Teile von sich (Gefühle, Bedürfnisse, Körperempfindungen) unterdrückt. Dadurch wächst das Kind in einer Erstarrung oder sogar im Kollaps zu einem erwachsenen Menschen heran.  

Früher oder später wird es mit Menschen oder Situationen konfrontiert, die an seine traumatischen Kindheitserfahrungen erinnern. In derartigen Triggermomenten kommen die ganzen alten Traumagefühle wieder hoch. Das ist natürlich nicht erwünscht, sodass die Gefühle unterdrückt werden.

Ohne die Heilung der Traumatisierungen aus der Vergangenheit befindet sich der Mensch in einem Trauma-Überlebens-Modus – ein kräftezehrendes Wechselspiel zwischen Übererregung und Untererregung. Man könnte auch sagen, es ist ein Leben im Energiesparmodus, denn Trauma-Energie ist gebundene Lebensenergie.

Durch Schütteln zurück in die Lebendigkeit

Mithilfe des regelmäßigen Schüttelns versorgen wir unser System mit viel Energie und rütteln die festsitzende Trauma-Energie sozusagen kräftig durch. Das ist aber noch nicht alles. Das Besondere an der Schüttelmethode von Ilan ist, dass wir auch unsere Gefühle mit dazu nehmen. Und zwar genau die Gefühle, die uns als Folge unserer Traumatisierungen im Alltag belasten.

Statt wie gewohnt in die Vermeidung auszuweichen, nutzen wir unsere Trigger (Gefühle, Situationen, Personen) als Sprungbrett für unsere Heilung. Auf diese Weise durchbrechen wir festgefahrene Routinen und lernen, dass wir Einfluss auf unsere inneren Zustände nehmen können. 

Schütteln zur Traumaheilung

Bevor eine Schütteleinheit mit Ilan beginnt, werden wir deshalb aufgefordert, ein Triggerthema zu wählen. Es soll hier kein tief sitzendes Trauma genommen werden, sondern ein sich wiederholendes, belastendes Thema aus dem Alltag (z.B. Wut auf den Chef, Angst vor Sichtbarkeit, Schuldgefühle wegen zu vielen Süßigkeiten o. Ä.). Dann beginnt im Prinzip direkt die Schütteleinheit.

Drei Phasen des Schüttelns nach Ilan Stephanie

Die Schüttelsequenzen dauern etwa 20 Minuten und untergliedern sich immer in folgende drei Phasen, die von Ilan so angeleitet werden, dass wir nur ihren Worten folgen müssen:

Phase 1: Schütteln, um Energie aufzubauen (ca. 5-7 Minuten)

    • Wir fangen an unseren gesamten Körper zu schütteln.
    • Wir atmen tief durch den Mund ein und aus. 
    • Unser Nervensystem wird aktiviert und Energie wird aufgebaut.

Phase 2: Rein in das Triggerthema (ca. 2 Minuten)

    • Wir stellen das Schütteln vorerst wieder ein.
    • Wir verbinden uns mit dem Thema/Gefühl, das uns im Alltag belastet.
    • Wir beobachten, wie sich unsere Atmung, Körperhaltung und Gefühle verändern.

Phase 3: Schütteln, um frei zu werden (ca. 8-10 Minuten)

    • Wir bleiben bei dem Triggerthema/-gefühl und nehmen das Schütteln wieder auf.
    • Wir gehen so von null auf hundert raus aus dem Belastungszustand rein in die Lebendigkeit!

Die Einhaltung dieser drei Phasen hat selbstverständlich einen bestimmten Grund und ist das Erfolgsrezept von dieser Methodik! Denn die drei Phasen beziehen sich auf die drei Stufen, die uns in ein Leben im Trauma-Überlebens-Modus hineingeführt haben!  

Raus aus dem Trauma-Überlebens-Modus!

Der folgenden Grafik kannst Du entnehmen, von welchen drei Stufen die Rede ist. Es handelt sich um Flucht/Kampf, Erstarrung und Kollaps.

Schütteln zur Regulierung des Nervensystems
Ilans Schüttelmethode ermöglicht Dir nun, diese Stufen wieder hinauf zu klettern, zurück zu einem gesunden Nervensystem. Du gehst also den Weg, der Dich in den Trauma-Überlebens-Modus hineingeführt hat rückwärts:

    1. Du kommst raus aus dem Kollaps, in dem Du lernst, das Nichtspüren wieder zu spüren (besonders in Phase 2) 
    2. Indem Du Deinen Körper bewegst und durch das Schütteln viel Energie aufbaust, kommst Du raus aus der Erstarrung (Phase 1 und 3).
    3. Du dringst zu den beiden Gefühlen vor, die Du im Kampf-Flucht-Mechanismus abspalten musstest: Angst und Wut. (Phase 1-3)

Die Bedeutung von Angst und Wut

Angst und Wut sind die beiden wichtigsten Gefühle auf dem Weg der Ganzwerdung, weil sie maßgeblich an der Entstehung von Trauma beteiligt sind. Angst und Wut sind die beiden Gefühle, die dem Flucht-Kampf-Mechanismus vorgeschaltet sind. Die Angst ist die Basis für die Überlebensstrategie Flucht und Wut ist die Basis für die Überlebensstrategie Kampf.

Die Heilung von Trauma geht demnach letztendlich über das nachträgliche Fühlen von der Angst und der Wut, die damals unterdrückt und abgespalten werden mussten. Sobald es uns gelingt, wieder zu diesen Gefühlen vorzudringen und sie bewusst durch unseren Körper hindurchfließen zu lassen, kann unser Nervensystem in seine ursprüngliche Balance zurückfinden. Wir können uns wieder regenerieren und die jahrelang gebundene emotionale und körperliche Ladung wird als Lebensenergie freigesetzt.

Aber VORSICHT: Was in der Theorie so leicht klingt, ist in der Praxis wirklich heftig! Es handelt sich bei der Angst und Wut immerhin um abgespaltene Traumagefühle! Wenn diese plötzlich aufkommen, kann es sich anfühlen, als ob sich der Boden unter den Füßen auftut.

Ob ich während des Schüttel-Workshops zu meiner Angst oder Wut vorgedrungen bin, welche Herausforderungen mir in den 21 Tagen begegnet sind und warum ich das Schütteln wieder einstellen musste, erfährst Du in meinem abschließenden Erfahrungsbericht.

Meine Erfahrungen mit dem Schüttel-Workshop

Allgemeine Infos zum Kurs

21 Tage lang ging der erstmalig angebotene Online-Kurs „Break Free Movement“, bei dem es sich um eine Kooperationsveranstaltung zwischen Freelosophy.Live und Ilan Stephanie handelte. Die Aufgabe lautete: Schüttle Dich in dieser Zeit einmal pro Tag.

In den insgesamt sechs Live-Calls mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen gab es zu dem auch theoretischen Input und die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Außerdem konnten sich alle Teilnehmer/innen in einer Telegram-Gruppe vernetzten, um sich auszutauschen und zu unterstützen.

Die Live-Calls dauerten etwa 90 Minuten und waren in vier Teile untergliedert: Schütteleinheit – Theorieteil – Frage-Runde – Praxisteil (mit weiteren Übungen zur Regulierung des Nervensystems).

Natürlich wurde für uns Kursteilnehmer alles aufgezeichnet. Durch die verschiedenen Schwerpunktthemen (z.B.: Angst, Wut, Scham, Schuld, Ohnmacht, Grenzen etc.) hatten wir am Ende des Kurses also ein gutes Repertoire an angeleiteten Schüttelsequenzen und Übungen zur Regulierung unserer Nervensysteme zur Verfügung.

Am Anfang lief es super!

Ich hatte von Anfang an große Lust auf dieses Experiment und habe mich dementsprechend jeden Tag geschüttelt, sogar über die 21 Tage hinaus! Überraschenderweise musste ich mich an keinem Tag zum Schütteln zwingen oder überwinden. Ganz selbstverständlich habe ich mich jeden Morgen auf meine Yogamatte gestellt, um Ilans Anleitung zu folgen.

Schüttelworkshop
Als Thema für die ersten Tage wählte ich meine Angst vor Sichtbarkeit. Entgegen Ilans Empfehlung, sich einige Tage mit demselben Thema zu schütteln, damit das Nervensystem lernen kann und wir Veränderungen im Alltag beobachten können, switchte ich schon nach zwei oder drei Tagen. Ich wählte jeden Tag etwas anderes, je nachdem, was bei mir an dem Tag gerade aktiv war (Wut, Traurigkeit …). Habe ich damit womöglich schon einen wesentlichen Fehler gemacht?

Zumindest an den ersten Tagen fühlte es sich nicht nach einem Fehler an. Im Gegenteil. Ich nahm eher positive Veränderungen in meinem Alltag wahr, spürte mich mehr in meinem Körper und fühlte mich irgendwie lebendiger und selbstbewusster.

Während einiger Schütteleinheiten kamen zwar ab und zu starke Gefühle wie Traurigkeit, Scham, Schuld und Wut in mir hoch, aber ohne das sie mich im Anschluss weiter belastet haben. Das fühlte sich sehr befreiend an. 

Die Konfrontation mit meiner Angst

Nach etwa einer Woche stand mir in meinem Bürojob eine kleine Herausforderung bevor. Ich sollte eine Schulung vor einigen Kollegen geben. Diese Aufgabe löste Stress in mir aus, weil ich ungern vor Gruppen spreche. Am Tag der Schulung war ich sehr aufgeregt und ängstlich. Ich integrierte diese Gefühle, wozu auch meine Angst vor Sichtbarkeit gehörte, in die Schütteleinheit an diesem Tag und ging danach recht zuversichtlich zur Arbeit. Als ich vor den Kollegen saß, konnte ich leider keine Veränderung zu sonst wahrnehmen. Wie gewohnt war ich extrem nervös und angespannt. Irgendwie habe ich die Schulung dann hinter mich gebracht. Was aber weiter anhielt, waren Anspannung und Angst!  

Es kam in den kommenden Tagen zu kleineren Ereignissen, die mich völlig aus der Bahn geworfen haben. Obwohl es diese Auslöser nicht rechtfertigten, stand ich tagelang unter einem latenten Schockzustand, der von einem Gefühl von Bedrohung begleitet wurde. Ich fühlte mich unsicher, klein und allein. Es waren massive Gefühle, die ich bereits aus der Zeit kannte, in der ich erstmals mit meinen Traumagefühlen in Kontakt gekommen bin.

Im Kontakt mit meinen Traumagefühlen

Bedauerlicherweise konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht richtig einordnen, was bei mir los war. Die Gründe dafür sind mir bis heute ein Rätsel, denn Ilan beschrieb in ihren Vorträgen ja genau dieses Zurückfinden zu seinen Traumagefühlen. Ich habe jedoch zunächst gar nicht begriffen, dass mein Zustand mit dem Schüttelworkshop zusammenhing, weil sich die Gefühle außerhalb der Schütteleinheiten zeigten und nicht währenddessen. Vielleicht war meine Verwirrung aber auch Teil der Traumagefühle, die plötzlich an die Oberfläche kamen?

Nach etwa vier Wochen Schüttelpraxis und dem unterstützenden Austausch mit anderen Teilnehmer/innen in der Telegram-Gruppe erkannte ich dann endlich die Zusammenhänge. Weil es mir aber überhaupt nicht gut ging und ich so überfordert mit meinen Gefühlen war, sah ich mich gezwungen das Schütteln einzustellen.  

Mein Resümee

Im Nachhinein weiß ich, das Schütteln hat bei mir zum vollen Erfolg geführt, denn ich bin zu meiner abgespaltenen Angst vorgedrungen. Deshalb lautet mein Fazit, dass das regelmäßige Schütteln nach Ilan Stephanie das Potenzial hat, Traumata zu heilen. ABER!

Was war bei mir los? Warum sah ich mich gezwungen das Schütteln einzustellen? Ich habe die Theorie, dass ich einige Fehler gemacht habe. Ich bin zu leichtfertig an den Kurs ran gegangen, habe einen Zeitpunkt gewählt, in dem ich nicht besonders stabil war und ich hatte keinerlei Unterstützung im Außen. Ich war also nicht gut auf die Konfrontation mit meiner Trauma-Angst vorbereitet und fühlte mich völlig überflutet. Das Schütteln einzustellen war also zu diesem Zeitpunkt das einzig Richtige, damit ich erst mal wieder in einen Zustand von Sicherheit zurückfinden konnte. 

Für mich steht fest, dass ich den Kurs erneut machen möchte, beim nächsten Mal aber aufmerksamer und besser vorbereitet! Denn hätte ich schon beim ersten Mal die Zusammenhänge verstanden, hätte ich mich mit der Angst bewusst weiter schütteln können. Vielleicht hätte ich sie so endgültig integrieren und von den Erfahrungen meiner Vergangenheit loslösen können. 

Mein Rat an Dich

Wenn mein Beitrag Dich neugierig gemacht hat und Du tiefer in die Materie eintauchen willst, kann ich Dir die Teilnahme an einem von Ilans Online-Kursen grundsätzlich empfehlen, zumal auch das theoretische Wissen sehr bereichernd ist. Bitte mach jedoch nicht denselben Fehler wie ich und stelle vor einer Teilnahme sicher, dass Du folgende zwei Fragen mit ja beantworten kannst:  

  1. Fühlst Du Dich gerade stabil, sicher und in Deiner Kraft?
  2. Hast Du jemanden in Deinem Umfeld, der Dich während der Teilnahme begleiten kann, sei es ein/e gute/r Freund/in oder ein Therapeut/in?

Wenn Du ein klares Ja hast und bereit bist, Deinen Traumagefühlen zu begegnen, dann wünsche ich Dir viel Freude bei Ilans Kursen. Vielleicht hast Du sogar bereits an einem ihrer Schüttelkurse teilgenommen oder anderswo Erfahrungen mit dem Schütteln gemacht. Teile gerne Deine Erfahrungen in einem Kommentar! 

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Entspannungsmethoden nach Trauma – Welche Techniken wirklich helfen

Während des ersten Bausteins meiner Ausbildung zur Entspannungstherapeutin habe ich festgestellt, wie wenig Bewusstsein noch immer für das Thema Trauma im Zusammenhang mit Entspannung vorhanden ist. Um diese Wissenslücken zu schließen, widme ich mich in diesem Beitrag den Fragen, wie Entspannung überhaupt zu einer Herausforderung werden kann und welche Entspannungsmethoden für traumatisierte Menschen geeignet sind.

Warum Entspannung nach Trauma schwerfallen kann

Wenn wir einen Traumahintergrund haben, kann Entspannung für uns ein heikles Thema sein. Es ist gut möglich, dass wir keine Idee davon haben, wie sich Entspannung überhaupt anfühlen soll oder wir glauben sogar diese gar nicht verdient zu haben. Vielleicht haben wir auch Angst vor den Gedanken und Gefühlen, die aufkommen, wenn wir innerlich ruhig werden.

In einer Traumasituation wird enorm viel Energie im Körper freigesetzt, um uns auf Angriff, Kampf oder Flucht vorzubereiten. Wenn das Trauma nicht bewältigt oder verarbeitet werden konnte, bleibt diese hohe Energie in Form von Anspannung in unserem Körper gespeichert. Dessen sind wir uns womöglich gar nicht bewusst, weil dieses hohe Aktivierungsniveau für uns zum Normalzustand geworden ist. Wir befinden uns in ständiger Alarmbereitschaft. Sobald wir versuchen, uns zu entspannen, kommen wir in Kontakt mit der enormen Spannung, die sich in uns festgesetzt hat.

Ein einleuchtendes Bild, um das zu veranschaulichen, ist ein Auto, bei dem das Gaspedal und die Bremse gleichzeitig voll durchgetreten werden. Beim Versuch zu entspannen treten wir auf die Bremse,  aber der Motor des Autos läuft dennoch die ganze Zeit auf Hochtouren. Die Reifen drehen durch, wir kommen jedoch nicht vom Fleck. Entspannung ist auf diese Weise nicht möglich!

Warum sind wir nach Trauma dauerhaft angespannt?

Um zu verinnerlichen, warum Anspannung nach Trauma dauerhaft in unserem Körper festsitzt, müssen wir uns unserem autonomen Nervensystem (AN) zuwenden.

Das autonome Nervensystem ist ein wichtiger Teil unseres gesamten Nervensystems, welches lebenswichtige Körperfunktionen steuert. Es ist permanent darum bemüht, unser Überleben zu sichern. Dafür scannt es in jedem Moment die äußeren Umstände ab, um einzuschätzen, ob eine Situation oder ein Mensch, dem wir begegnen, sicher oder lebensgefährlich ist. Je nachdem, wie die Einschätzung ausfällt, sendet das AN unterschiedliche Signale in unseren Körper, damit wir entsprechend reagieren können. Vor allem Atmung, Herz-Kreislauf-System, Muskelspannung, Magen-Darm-Tätigkeit, Hören, Stimme und Gesichtsausdruck werden so reguliert. Das geschieht ganz eigenständig, ohne dass wir darauf Einfluss nehmen können.
Im Normalfall stellt unser autonomes Nervensystem auf diese Weise eine Balance zwischen Momenten der Aktivität (Anspannung) und Momenten der Ruhe (Entspannung) her, die zum Leben eines jeden Menschen gehören.

Wenn wir jedoch traumatisiert wurden und die Traumatisierungen noch nicht aufarbeiten konnten, ist dieser Mechanismus beeinträchtigt. Ohne unser Zutun beurteilt unser autonomes Nervensystem die äußeren Gegebenheiten als unsicher oder gefährlich, obwohl das rein objektiv vielleicht gar nicht den Tatsachen entspricht. Wir befinden uns dann entweder dauerhaft im Flucht-Kampf-Mechanismus oder in einem Erschöpfungszustand. In beiden Phasen bleibt Entspannung aus und wir finden keine Möglichkeit mehr zur Regeneration. Stressempfinden sowie körperliche und psychische Erkrankungen sind die Folge.

Regulation kann erst dann wieder erfolgen, wenn wir das Trauma aufarbeiten. Damit ist gemeint, dass wir die emotionale und körperliche Ladung freisetzen, die in unserem Körper gespeichert ist. 
Normalerweise verfügen wir Menschen über einen Mechanismus, der diesen Regulationsprozess begünstigt – das neurogene Zittern. Normalerweise deshalb, weil wir uns dieses heilsame Zittern zu unserem Nachteil abtrainiert haben.

Was ist neurogenes Zittern?

Ein Blick in die Tierwelt veranschaulicht die heilende Wirkung des Zitterns bzw. Abreagierens. Ein Reh, dass plötzlich von einem Lux überrascht wird, hat keine Zeit, Angst zu haben. Sein zentrales Nervensystem aktiviert in Millisekunden sämtliche Kräfte, um sein Überleben zu sichern.
Ist die Gefahr gebannt, weil sich das Reh in Sicherheit bringen oder den Lux abschütteln konnte, fängt es an zu zittern. Dies tut es so lange, bis es wieder ganz ruhig und entspannt ist. Das Reh ist jetzt in der Lage, zu seiner Herde zurückzukehren und nach Nahrung zu suchen, als wäre nie etwas geschehen.   

Entspannungsmethoden Neurogenes Ziitern

Durch das Zittern entlädt sich der Körper von der Spannung und den chemischen Substanzen, die den Körper in einer traumatischen Situation überladen. Neurogenes Zittern ist also ein regulierender Mechanismus unseres Körpers, um erlebte Anspannung schnell abzubauen und zu einem Zustand von Ruhe und Entspannung zurückzukehren. Bedauerlicherweise haben wir Menschen diese Fähigkeit in uns abgetötet und unterdrückt.

Sicher erinnerst Du Dich selbst an eine Situation, in der vor Schreck oder Angst Deine Hände angefangen haben zu zittern oder Deine Knie ganz weich wurden. Und weißt Du auch noch, wie Du damit umgegangen bist?
Wir haben gelernt, uns „zusammenzureißen“ und das Zittern zu unterdrücken, weil es Angst und Schwäche ausstrahlt. Sehr zu unserem Nachteil, denn durch das Unterdrücken der Abreaktion zwingen wir unseren Körper ein anderes Ventil für die hohe Spannung zu finden.

Wohin mit der inneren Ladung?

Ohne das Zittern ist unser Körper gezwungen, die massive Ladung in unsere tiefen Muskelschichten umzuleiten. Dort wird sie festgehalten und unsere Muskulatur kontrahiert. Die Folge sind chronische Zustände von Spannung im Körper.

„Solange der Körper diese Spannung nicht ausschüttelt, wird er dieses chronische Spannungsmuster von Schutz und Abwehr aufrechterhalten. Eine Hauptkomponente bei der erfolgreichen Heilung von Trauma besteht darin, den natürlichen Entladungsmechanismus des Menschen zu aktivieren, der dem Körper signalisiert, dass er zu einem Zustand von Ruhe und Erholung zurückkehren kann.“ (David Berceli, 2005)

Um dem Dauerzustand von Spannung im Körper ein Ende zu setzen, braucht es Techniken, die den natürlichen Entladungsmechanismus des Menschen aktivieren, der dem Körper signalisiert, dass die Gefahr vorüber und Entspannung jetzt wieder möglich ist. Einfache sportliche Betätigung kommt hier an ihre Grenzen, weil sie nicht in die Tiefen chronischer Anspannung eindringt, in denen die Traumaenergie gespeichert ist. Welche Methoden sind also geeignet?

Entspannungsmethoden für traumatisierte Menschen

Wir alle haben unterschiedliche Zugänge zu unserem Körper, unserem Innern und auch zum eigenen Wohlbefinden. Es gibt also nicht eine Technik, die für alle Menschen gleichermaßen entspannend wirkt. Um herauszufinden, welche Entspannungsmethode für Dich die Beste ist, kann es hilfreich sein, die drei Kategorien zu kennen, in welche Entspannungsmethoden klassischerweise eingeteilt werden:

Suggestive Entspannungsmethoden Mentale Beeinflussung von Empfindungen und Vorstellungen
z. B.: Autogenes Training oder Hypnose

Imaginative/visuelle Entspannungsmethoden Bildhaftes Vorstellen von Zuständen oder Gegebenheiten
z. B.: Fantasiereisen oder Entspannungsgeschichten

Kinästhetische Entspannungsmethoden – Wahrnehmung unter Einbeziehung von Bewegung/Muskelaktivität
z. B.: Tension and Trauma Release Exercices (TRE) oder progressive Muskelentspannung

Wenn Du unter Traumafolgesymptomen leidest, findest Du Deine passende Entspannungstechnik mit großer Wahrscheinlichkeit im Bereich der kinästhetischen Methoden.
Diese sprechen die tiefen Muskelschichten an, in denen die Spannungen in Folge von Trauma festsitzen. Dadurch sind sie am ehesten in der Lage, den natürlichen Entladungsmechanismus zu aktivieren, den es braucht, um die Übererregung Deines Nervensystems zu erreichen. Außerdem eignen sich kinästhetische Entspannungsmethoden besonders für Menschen, denen es schwerfällt, lange und ruhig dazusitzen, um in die Stille zu finden.

Gerne stelle ich Dir drei Entspannungsmethoden aus dieser Kategorie detailliert vor, mit denen auch ich bereits positive Erfahrungen gemacht habe und weiterhin machen darf.

Entspannungsmethoden bei Trauma

3 Kinästhetische Entspannungsverfahren

1. Tension and Trauma Release Exercices (TRE)

Bei TRE handelt es sich um Trauma-Entspannungsübungen, die das neurogene Zittern im Menschen auslösen. Die Übungen nutzen die Erfahrungen und das Wissen verschiedener Traditionen wie Yoga, Thai Chi und anderer fernöstlicher Praktiken. David Berceli hat sieben einfache Übungen zusammengestellt, die jeden Tag angewandt werden können, sofern sie als angenehm empfunden werden. Mithilfe dieser Übungen gelingt es, das Zittern wieder zu erlernen und als natürlichen, hilfreichen Mechanismus wahrzunehmen.

Berceli betrachtet unseren Körper als größten Verbündeten im Trauma-Heilungsprozess. Für ihn sind die Übungen der Schlüssel zu einer erfolgreichen Erholung von Trauma, weil sie die natürlichen Lösungsmechanismen des Körpers aktivieren, die ihm unmittelbar vermitteln, dass er in einen Ruhezustand und zu einer möglichen Erholung zurückkehren kann.

„Bei Problemen wie sexuellem und körperlichem Missbrauch und auch bei Angststörungen, Panikattacken und Depression hat sich die Integration der Übungen in den Therapieprozess sowie die begleitende Übung zu Hause als wertvolle Ressource erwiesen.“ (David Berceli, 2005)

Je nach Schwere der Spannungen, die in unserem Körper (der Muskulatur) festsitzen, kann das Zittern unterschiedlich stark ausfallen. Wenn Du ein starkes Zittern bei Dir wahrnimmst, ist das ein Zeichen dafür, dass sich Energieblockaden lösen. Du brauchst keine Angst vor den körpereigenen Bewegungen zu haben, sondern kannst auf die Selbstheilungskräfte Deines Körpers vertrauen. Wichtig ist, dass Du Dich jederzeit wohlfühlst. Wenn Dir das Zittern Angst macht oder Dir unangenehm erscheint, dann höre auf zu üben und probiere es zu einem späteren Zeitpunkt erneut. Besonders hilfreich ist die Übungsreihe laut Berceli, wenn sie regelmäßig über einen längeren Zeitraum durchgeführt wird.

Die Übungsreihe findest Du im Buch „Körperübungen für die Traumaheilung und zur Stressreduktion im Alltag“, welches vom norddeutschen Institut für bioenergetische Analyse e.V. (NIBA) herausgegeben wurde.

Das kompakte Büchlein ist übrigens auch unabhängig von den Übungen sehr lesenswert, weil es viele interessante und nützliche Informationen zum Thema Trauma enthält.

Möchtest Du nicht erst auf das Buch warten? Dann kannst Du mit dem Youtube-Video von TRE FOR ALL direkt loslegen!

2. Schüttelmeditation (Kundalini Meditation)

Die Schüttelmeditation geht zurück auf den spirituellen Lehrer Bhagwan Shree Rajneesh, der vor allem unter dem Namen Osho bekannt ist. Es handelt sich dabei um eine Kundalini Meditation, die Stress, Burn-out und Depression vorbeugen kann. Es ist eine ganzheitliche Entspannungsmethode, die auch das Körperbewusstsein und die innere Achtsamkeit fördert.

Ziel der Schüttelmeditation ist es, die tiefen Ebenen des Körpers zu erreichen und dadurch innere Verspannungen aufzulösen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird zunächst die Durchblutung und die Herzfrequenz mittels Bewegung erhöht und im Anschluss durch Ruhe wieder gesenkt. Das hat Muskelentspannung zur Folge und führt zu gesteigerter Aufmerksamkeit.

Die Meditation untergliedert sich in vier Phasen von jeweils 15 Minuten, die ich Dir im Folgenden erläutere. Die entsprechende Musik zur Begleitung findest Du unter anderem auf Spotify.

Wenn Du die Übung durchführen willst, sorge dafür, dass Du ungestört bist. Es empfiehlt sich eine Yoga- oder Fitnessmatte als Unterlage zu verwenden. Lege Dir wenn vorhanden außerdem ein Meditationskissen und eine kuschelige Decke bereit. 

Phase 1: Schütteln

Stelle Dich auf Deine Zehenspitzen und bewege die Fersen schnell auf und hinab, so als wolltest Du springen. Lasse Deine Knie dabei ganz locker mitschwingen. Beginne dann damit, Deine Hände zu schütteln und lasse die Bewegungen immer größer werden. Schließe dabei Deine Augen und versuche Deinen Körper ganz locker zu lassen. Beziehe Deinen gesamten Körper in das Schütteln ein, Beine, Becken, Bauch, Brust, Arme, Hals und Nacken sowie Deinen Kopf. Du kannst auch die Füße abwechselnd vom Boden heben und ausschütteln.

Phase 2: Tanzen

Lasse Deine Augen gerne geschlossen, lausche der Musik und gib den Bewegungsimpulsen Deines Körpers freien Lauf. Es kommt beim Tanzen nicht darauf an, gut auszusehen oder eine Bewegungsabfolge einzuhalten. Es geht darum, Dich in Deinem Körper zu fühlen, Spaß an der Bewegung zu empfinden und Dich intuitiv treiben zu lassen. Wenn Dir tanzende Bewegungen schwerfallen, mache alternativ ein paar sportliche Übungen.

Entspannungsmethode Schüttel Meditation

Phase 3: Wahrnehmen

In der Phase des Wahrnehmens kannst Du Dich wahlweise hinsetzen oder stehen bleiben. Ich persönlich empfehle Dir die Standposition. Versuche zu fühlen, wie Deine Füße Deine Unterlage berühren und welche Empfindungen Du nach der Bewegung in Deinem Körper wahrnehmen kannst. Nimm auch wahr, was um Dich herum ist. Übe Dich darin nicht zu bewerten, sondern einfach zu beobachten. Alle aufkommenden Gedanken und Empfindungen dürfen jetzt genauso da sein wie sie sind.

Phase 4: Entspannen

Lege Dich nun bequem auf Deine Unterlage und decke Dich zu, damit Dir nicht kalt wird. Entspanne Deinen Körper und gib der Stille, die Dich jetzt umgibt Raum. Genieße das einfache Sein, solange es Dir guttut.

Am Anfang kann es Dir noch ungewöhnlich vorkommen, Dich auf diese Weise zu bewegen, aber mit regelmäßiger Übung wirst Du immer mehr Freude am Schütteln und Tanzen finden. Dein Körpergefühl wird mit der Zeit zunehmen und es ist gut möglich, dass Dein Selbstbewusstsein und -vertrauen im Alltag immer mehr zunehmen. 

Das Schütteln ist im übrigen auch unabhängig von der Osho Meditation eine wirkungsvolle Technik. Wenn Du keine 60 Minuten Zeit hast, kannst Du einfach Deine Lieblingsmusik anschalten und Dich ein Lied lang schütteln, ein Lied lang tanzen und dann zu ruhiger Musik nachspüren. Wichtig ist, dass Du nach der Aktivität für eine Weile in die Entspannung kommst. 

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3. Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen

Die progressive Muskelentspannung (PME), die auch als progressive Muskelrelaxation (PMR) oder Tiefenmuskelentspannung bekannt ist, geht auf Edmund Jacobsen zurück. Es handelt sich dabei um eine Entspannungsmethode, bei der Muskelgruppen willentlich und bewusst an- und entspannt werden, um einen Zustand tiefer Entspannung im gesamten Körper zu erreichen.

Bei der Umsetzung von PME werden grundsätzlich 17 Muskelgruppen angesprochen, die zunächst angespannt und anschließend entspannt werden. Häufig werden aber mehrere Muskelgruppen zusammengefasst, sodass z. B. nur Sieben angesprochen werden. 

Die progressive Muskelentspannung orientiert sich am Flucht-Kampf-Mechanismus, der sich dann beruhigt, wenn das zentrale Nervensystem Entwarnung gibt. Mithilfe dieser Entspannungsmethode geben wir unserem Körper das Entwarnungssignal, indem wir die Muskulatur für einige Sekunden aktivieren. Außerdem berücksichtigt die Technik auch das physiologische Entspannungsgesetz, dass besagt, dass ein Muskel, der mindestens 5 Sekunden angespannt wird, anschließend entspannen kann. 

Durch den Wechsel von Anspannung und Entspannung kann ein vertieftes Gefühl von Ruhe erreicht werden. Die damit einhergehende Muskelentspannung wirkt sich wohltuend auf Körper und Geist aus.

Entspannungsmethode Progressive Muskelentspannung

Die progressive Muskelentspannung eignet sich besonders für Menschen, die unter starker körperlicher Anspannung oder chronischen Schmerzen leiden. Auch bei Angststörungen oder Depressionen kann die PME hilfreich sein.

Je nach belieben kann diese Entspannungsmethode sowohl im Stehen als auch im Sitzen oder Liegen durchgeführt werden. Die einzige Voraussetzung ist die Fähigkeit, Muskeln an- und wieder entspannen zu können. Vor dem Üben solltest Du sicherstellen, dass Dir nicht kalt wird und Du bequeme Kleidung trägst.

Unterteilt wird die progressive Muskelentspannung in fünf Phasen:

  1. Hinspüren
  2. Maximale Anspannung
  3. Spannung halten für 5 Sekunden
  4. Schnelles Loslassen
  5. Nachspüren.

Während meiner Ausbildung zur Entspannungstrainerin habe ich entdeckt, dass die Progressive Muskelentspannung (PME) für mich die effektivste Methode ist, um einen Zustand tiefer Entspannung zu erreichen. Da ich Dir diese Erfahrung ebenfalls ermöglichen möchte, habe ich eine von mir persönlich angeleitete Entspannungseinheit für Dich zum Download bereitgestellt:

Angeleitete progressive Muskelentspannung

Diese angeleitete progressive Muskelentspannung (PME) wird Dir dabei helfen, Deinen Körper auf angenehme Weise zu entspannen und wenn Du willst auch besser einzuschlafen.

Ich wünsche Dir viel Freude beim Ausprobieren der beschriebenen Entspannungmethoden. Lass mich gerne wissen, welche Erfahrungen Du gesammelt hast und welche die für Dich beste Technik ist, um in einen Zustand tiefer Entspannung zu kommen.

Quellenverweise: 

Berceli, David (2005): Körperübungen für die Traumaheilung – und zur Stressreduktion im Alltag, 8. Aufl. Papenburg

Charf, Darmi (2017): Die Schwierigkeit von Entspannung. Abgerufen am 26.10.2021, von https://traumaheilung.de/die-schwierigkeit-von-entspannung/

Heller, Laurence (2013): Entwicklungstrauma heilen: Alte Überlebensstrategien lösen – Selbstregulierung und Beziehungsfähigkeit stärken – Das Neuroaffektive Beziehungsmodell zur Traumaheilung NARM, 7. Edition, München

Klein, Gopal Norbert (2018): Vom Symptom direkt in die Entspannung geht nicht. Abgerufen am 25.10.2021, von https://www.youtube.com/watch?v=Bmw4sBpC38g

Thimm, Mathias (2019): Der Poyvagalkreis. Abgerufen am 06.05.21, von http://familiebeziehungtrauma.blogspot.com/2019/08/der-polyvagal-kreis.html

Aktuelle Beiträge

Gefühle wollen gefühlt werden

Gefühle – Warum es uns so schwerfällt alles zu fühlen

In einer idealen Welt könntest Du jederzeit alle Deine Gefühle wahrnehmen und angemessen ausdrücken. In der Realität funktioniert das für viele von uns nicht so selbstverständlich. Besonders die sogenannten negativen Gefühle wie Angst, Wut und Scham unterdrücken wir meist, weil wir gelernt haben, dass es nicht angemessen ist, sie zu zeigen. Wie können wir aber eine authentische und gesunde Beziehung zu uns selbst und anderen eingehen, wenn wir nicht mit all unseren Gefühlen in Kontakt sind? Ist es möglich, das Unterdrücken von Gefühlen aufzugeben und sie alle gleichermaßen willkommen zu heißen?

Was sind Gefühle eigentlich?

Gefühle zu definieren ist gar nicht so einfach. Das ist erstaunlich, da sie im Alltag unsere ständigen Begleiter sind. Unsere Gefühle entstehen als Reaktion auf innere und äußere Gegebenheiten. Es sind wechselnde Zustände, die unter anderem stark durch unsere Gedanken beeinflusst werden und in Zusammenhang mit den Empfindungen unseres Körpers stehen. Wir alle haben also Gefühle, ob wir uns ihrer bewusst sind oder nicht.

 „Auf der Grundlage von Gefühlen entwickeln wir unsere Einsichten und die Fähigkeit, uns zu orientieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Gefühle, auch schmerzliche Gefühle, sind Verbündete, die uns wissen lassen, was in uns abläuft, und oft auch, wie wir auf Situationen reagieren sollen.“ (Bass, Ellen & Davis, Laura 2001)

Wir bringen ein vielfältiges Repertoire an Gefühlen mit auf diese Welt, die Ausdruck unserer Lebendigkeit sind. Die Fähigkeit zu fühlen macht uns menschlich und ermöglicht uns mitfühlende und nahe Beziehungen zu anderen Menschen.

Können wir uns immer gut fühlen?

Seien wir mal ehrlich. Wir wünschen uns doch alle insgeheim immer nur angenehme Gefühle zu haben oder? Das ist nachvollziehbar, denn im Körper empfinden wir Freude, Glück und Entspannung als angenehmer und leichter als Trauer, Wut oder Stress.

Die Positiv-Denken-Szene unterstützt die Idee, dass „gut drauf sein“ ein Dauerzustand sein kann, den es zu erreichen gilt. Der Anspruch oder das Ziel, sich immer nur gut zu fühlen, ist aber entgegen allen Gesetzmäßigkeiten. Wenn Du Dich regelmäßig in der Natur aufhältst, kannst Du genau beobachten, wie alles im ständigen Wandel ist. Die Jahreszeiten, das Wetter und der Kreislauf von Leben und Tod. Die Welt der Dualität ist eine Welt mit zwei Seiten. Licht kann nur da scheinen, wo Dunkelheit ist. Es ist nie andauernd nur sonnig und schön.

Genauso verhält es sich beim menschlichen Leben. Es lässt sich nicht vermeiden, dass wir auch mal mit unangenehmen Gefühlen konfrontiert werden. Wir alle werden mal krank, haben Liebeskummer und erleben Niederlagen und Verluste.

Nur positiv drauf sein zu wollen heißt, Du bist verdammt dazu, Deinen Schatten zu unterdrücken. Du bist verdammt dazu, alle Energien und Emotionen, die Du als negativ empfindest, zu unterdrücken. Das ist eine Katastrophe.“ (Lindau, Veit, 2020)

All unsere Gefühle haben ihre Daseinsberechtigung und verdienen es gleichermaßen gesehen und gefühlt zu werden. Lernen wir also alle Gefühle zu uns einzuladen und ihnen Raum zu geben. So als seien wir ein Gasthaus, dass es sich zum Ziel gesetzt hat seinen Besuchern eine angenehme Durchreise zu ermöglichen. Nachdem die Gäste eine schöne Zeit bei uns hatten, werden sie weiterziehen wollen und von neuen Gästen abgelöst werden. 

Gefühle

Warum fällt es uns so schwer, alles zu fühlen?

Unsere Fähigkeit zu fühlen spiegelt den Grad unserer Lebendigkeit wieder. Der Versuch, bestimmte Gefühle aus unserem Leben auszuschließen, ist also immer mit Einbußen verbunden.

Besonders wenn wir traumatisiert wurden, fällt es uns schwer, bestimmte Gefühle zu erlauben. Die Liebe und das Vertrauen, was wir unseren Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten entgegenbrachten, wurden missachtet oder sogar missbraucht. Das war so schmerzhaft, dass wir die Gefühle unterdrücken mussten, um weiter damit zu leben. Was damals lebenswichtig war, blockiert heute jedoch unsere Lebensenergie und unseren Selbstausdruck.

Wir haben es uns zur Angewohnheit gemacht, gegen Gefühle anzukämpfen, sie zu ignorieren oder an ihnen festzuhalten. Um unsere Lebensenergie wieder ins Fließen zu bringen, müssen wir die Gründe erkennen, die uns daran hindern, Gefühle als das zu verstehen, was sie sind – natürliche und sich ständig verändernde Zustände.

1. Bewertung der Gefühle

Den natürlichen Ausdruck und die Veränderlichkeit unserer Gefühle können wir am Besten bei Babys oder Kleinkindern beobachten. Bekommt ein kleines Kind im Supermarkt nicht den ersehnten Schokoriegel, wirft es sich wütend und traurig auf den Boden und weint bitterliche Tränen. Einige Minuten später erblickt das Kind einen Welpen und wird ruhig. Es ist entzückt vom Anblick des kleinen Hundes und strahlt vor Freude bis über beide Ohren.

Was unterscheidet dieses Kind von uns? Warum hat es keine Scheu, seine Gefühle jederzeit frei auszudrücken? 
Es bewertet seine Gefühle nicht so wie wir es tun. Kleine Kinder drücken einfach frei aus, was gerade in ihnen vorgeht. Wir Erwachsenen hingegen verfügen über ein inneres Bewertungssystem, dass uns in unserer Kindheit antrainiert wurde.

Wenn unsere Eltern oder andere Erziehungsberechtigte keinen rationalen Grund für unsere Tränen oder unsere Wut gesehen haben, sprachen sie uns die Daseinsberechtigung dieser Gefühle ab. Wir wurden getadelt oder sogar bestraft, wenn wir uns unerwünscht verhielten und gelobt oder belohnt, wenn wir vermeintlich etwas richtigmachten. Auf diese Weise haben wir innere Überzeugungen und Glaubenssätze verinnerlicht, mit denen wir unsere Gefühle bis heute in die Kategorien richtig oder falsch einordnen.

2. Angst vor Konsequenzen

Die zuvor beschriebene Programmierung sorgt auch dafür, dass wir bestimmte Gefühle bei unserem Gegenüber mit bestimmten Verhaltensweisen verknüpfen. Wenn wir beispielsweise als Kinder bestraft wurden, weil wir unserer Wut Ausdruck verliehen haben, kann es sein, dass wir unsere Wut auch heute unterdrücken, um nicht alleingelassen zu werden.

 

3. Identifikation mit Gefühlen

Ohne uns dessen bewusst zu sein, identifizieren wir uns häufig auch mit unseren Gefühlen. Wenn unser Leben zum Beispiel von schlimmen Erfahrungen geprägt war oder wir uns in schwierigen Lebensphasen befinden, fühlen wir uns womöglich dauerhaft traurig, depressiv oder schwach. Vielleicht beschreiben wir uns sogar als traurige oder ängstliche Person.

Selbst wenn wir uns bemühen, etwas an unserem Zustand zu verändern, indem wir Selbsthilfebücher lesen oder positive Affirmationen zu Hilfe ziehen, halten wir womöglich unbewusst an unserem gewohnten Gefühlszustand fest.

Gefühle nicht festhalten

Wir haben noch nicht erkannt, dass Gefühle keine Dauergäste sind und sie sich ständig verändern. In Wahrheit sind wir keine per se ängstlichen, wütenden oder traurigen Menschen. Wir haben die Fähigkeit, diese Gefühle zu fühlen und daneben auch all die vielfältigen anderen Gefühle.

Um Dir der Unbeständigkeit Deiner Gefühle bewusst zu werden, ist Meditation eine hilfreiche Methode, weil Du damit Deine Achtsamkeit stärkst. Du musst nicht unbedingt an einem Meditationskurs teilnehmen oder täglich mehrere Stunden im Lotussitz verharren. Auch kurze Momente der Stille, die Du in Deinen Tagesablauf einbaust, können schon eine transformierende Wirkung haben. Versuche Dir solche Momente zur festen Gewohnheit zu machen und sie zu nutzen, indem Du Dir folgende Fragen stellst:

„Was spüre ich in meinem Körper?“

„Wie fühle ich mich gerade?“

Wenn Du Dir, Deiner Gefühle und Körperwahrnehmungen immer mehr bewusst wirst und sie jederzeit wahrnehmen kannst, wirst Du bemerken, dass Deine Selbstakzeptanz zunimmt und Du beginnst Dich mehr zu lieben.

4. Falsche Affirmationen 

Affirmationen sind kurze Sätze, die unsere Gefühle und Gedanken positiv beeinflussen sollen. Unumstritten sind positive Affirmationen ein sehr wirksames Tool, um alte und begrenzende Glaubenssätze zu erneuern. Die Arbeit mit positiven Affirmationen ist aber mit Vorsicht zu genießen. Sie können nämlich auch zur Verdrängung von Gefühlen eingesetzt werden.

Angenommen Du fühlst Dich eine Zeit lang kraftlos und müde und rezitierst dann immer wieder die Affirmation „Ich bin voller Kraft und Energie“. Dabei handelt es sich nicht um eine wirkungsvolle Affirmation, sondern salopp gesagt um einen Satz, mit dem Du Dich selbst belügst. Du würdigst Dein Gefühl nicht und versuchst stattdessen, es wegzumachen. Womöglich wiederholst Du auf diese Weise dasselbe, was Deine Eltern oder andere Bezugspersonen früher mit Dir gemacht haben. Jetzt hast Du die Chance, Dir selbst die Liebe zu geben, die schon als Kind verdient hast. Erlaube Dir alles zu fühlen und bleib liebevoll an Deiner Seite.

Um sicherzugehen, dass Deine Affirmationen zu Deiner Entwicklung beitragen, statt sie zu behindern, kannst Du Dir bei der Formulierung folgende drei Fragen stellen:

  • Ist das wirklich wahr?
  • Handelt es sich um einen Wunsch?
  • Will ich damit ein Gefühl vermeiden?

Nehmen wir an Du kannst Dich gerade nicht besonders gut leiden und wählst die Affirmation „Ich liebe mich.“ Wenn Du Dich jetzt fragst, ob das wirklich wahr ist, wird die Antwort vermutlich Nein lauten. Du wirst Dir also im Folgeschluss eingestehen müssen, dass es sich um einen Wunsch handelt und Du Dich in Wahrheit gerade klein und kraftlos fühlst oder sogar Ablehnung gegen Dich empfindest. 

Wähle stattdessen die Formulierung „Ich bin gewillt mich zu lieben“. Wenn Du jetzt die Fragen durchgehst, wirst Du herausfinden, dass Du damit eine gelungene Affirmation formuliert hast.

Fühlen statt positiv Denken

Sobald wir die Gründe dafür verstanden haben,  dass wir unsere Gefühle nicht gut wahrnehmen und ausdrücken können, dürfen wir uns wieder an das Fühlen herantasten. Gerade in Bezug auf Trauma stellst Du damit die Weichen zu Deiner Heilung. Denn Traumaheilung bedeutet das Fühlen der schmerzlichen Gefühle aus Deiner Vergangenheit.

a.) Fühlen wieder neu lernen

Es gibt verschiedene Wege, um zu lernen, Deine Gefühle wahrzunehmen. Kreative und schöpferische Tätigkeiten wie Tanzen oder Malen können Dir behilflich sein. Wenn Dir der Zugang dazu schwerfällt, kannst Du auch Deinen Verstand als Helfer einsetzen. Du kannst Dich in bestimmten Situationen fragen, wie sich wohl die Mehrheit der Menschen in derselben Lage fühlen würde.

Eine weitere Möglichkeit ist es, eine umfangreiche Liste mit sämtlichen Gefühlen zu erarbeiten. Diese kannst Du immer bei Dir tragen und in verschiedenen Situationen mit ihrer Hilfe herausfinden, welche Gefühle jetzt auf Dich zutreffen. Die Wissenskarten aus der Gewaltfreien Kommunikation können Dich bei der Erarbeitung einer Gefühlsliste unterstützen.

Besonders hilfreich ist es, bei Deinem Körper zu beginnen. Denn wie bereits erwähnt, gehen unsere Gefühle immer mit Körperempfindungen einher. Redewendungen wie „Ich hatte vor Angst einen Kloß im Hals“ oder „Ich habe gerade so eine Wut im Bauch“ zeigen bildhaft den Zusammenhang von Gefühl und Körperempfindung auf.

Wenn Du Deinem Körper bis heute wenig Bedeutung beigemessen hast, kann es Dir zu Beginn schwerfallen, Deine Körperempfindungen wahrzunehmen. Lass Dich nicht davon abschrecken, wenn Dein Kopf denkt, dass Du gar nichts spüren kannst. Vertraue auf Deinen Körper. Du hast alle Zeit der Welt und es gibt hilfreiche Werkzeuge, um den Zugang zu Deinen Körperempfindungen zu unterstützen, zum Beispiel progressive Muskelentspannung, geführte Meditationen und Yoga.

b.) Umgang mit schmerzlichen Gefühlen

Sobald Du Deine innere Ablehnung gegen bestimmte Gefühle aufgegeben hast, kann es sein, dass sich sehr schmerzliche Gefühle zeigen, die lange keinen Raum bekamen. Traumagefühle können so stark sein, dass wir Angst haben, überwältigt zu werden, die Kontrolle über uns zu verlieren oder nie mehr aufhören können zu leiden.

Es ist gut möglich, dass Du eine Zeit lang viel Schmerz und Trauer, später Wut und Angst fühlst. Scheue Dich nicht Dir Hilfe zu suchen, wenn Du bemerkst, dass Deine Gefühle Dir Angst machen. Wenn Du so lange Zeit bestimmte Gefühle meiden musstest, kann es eine überwältigende Erfahrung sein, diese in ihrer ganzen Intensität zu fühlen. Du kannst Dir aber sicher sein, dass sich auch dies wieder verändern wird. Und indem Du ab jetzt Deine Gefühle achtsam beobachtest, wirst Du zunehmend auch Freude, Hoffnung, Stolz und wachsende Zufriedenheit spüren.

Um die gesamte Tiefe Deiner Gefühle zu fühlen, musst Du das ganze Spektrum Deiner Gefühle wieder zu Dir einladen.

Schön, dass Du da bist!

Koautor: Marco Sascha Heyn

 

Quellenverweise: 

Bass, Ellen & Davis, Laura (2001): Trotz allem – Wege zur Selbstheilung für sexuell mißbrauchte Frauen, 9. Edition, Berlin

Lindau, Veit (2020): Erfolgswerk. Abgerufen am 23. Januar 2021, von https://app.homodea.com/suche/erfolgswerk

Entspannung durch Traumaheilung

Wie Entspannung gelingt, wenn wir gestresst sind – 55 Inspirationen

In unserem heutigen Leben lässt es sich nicht vermeiden, dass wir uns zeitweise angespannt und gestresst fühlen. Gerade wenn wir früh im Leben traumatisiert wurden, reagieren wir sensibel auf äußere Reize und geraten schnell in Stress. Umso wichtiger ist es, Stress-Symptome frühzeitig zu erkennen und mit Entspannung entgegenzuwirken. Warum ich selbst gerade unter Stress leide und wie Entspannung gelingt, wenn wir gestresst sind, erfährst Du in diesem Beitrag. Außerdem teile ich mit Dir 55 Ideen, die sofort zu mehr Entspannung und Freude in Deinem Leben führen. 

Warum ich selbst gerade gestresst bin

Eigentlich wollte ich schon vor Tagen meinen nächsten Beitrag zu einem ganz anderen Thema veröffentlichen. Mal wieder habe mich ganz schön unter Druck gesetzt, weil ich den Anspruch hatte, einen Beitrag pro Woche zu schaffen. Und das neben meinem Bürojob und allem, was ich sonst zu tun habe. Zusätzlich wurde ich in den letzten Tagen stark mit meiner Angst vor Hunden konfrontiert, was mich total aus der Bahn geworfen hat. Plötzlich war einfach alles Zuviel! Wenn ich mich zum Schreiben hinsetzen wollte, spürte ich Widerstand und Überforderung. Meine Freude wurde durch innere Unruhe, Kopfweh und Müdigkeit ersetzt. Für mich klassische Anzeichen, dass ich mal einen Gang zurückschalten muss. Das Schreiben soll ja vor allem Spaß machen und keine Last werden! Deshalb ist dieser Beitrag im Vergleich zu den letzten etwas kompakter und leichter. Sowas darf zwischendurch auch mal sein!

Woran Du Stress erkennst

Vielleicht kennst Du sie auch diese Phasen, in denen alles zu viel wird und Du Dich nur noch überfordert fühlst. Wenn Dein Körper Dir signalisiert, dass er Ruhe braucht, solltest Du schnell handeln. Denn anhaltender Stress kann krank machen. Doch wie erkennen wir überhaupt, dass wir gestresst sind? Typische Anzeichen von Stress sind unter anderem:

  • Innere Unruhe und Herzrasen
  • Kreislaufprobleme und Schwindelgefühle
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Druck im Kopf und Kopfschmerzen
  • Muskelverspannungen vor allem im Kiefer-, Nacken- und Rückenbereich
  • Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme
  • Müdigkeit / Lustlosigkeit / Trägheit
  • Überempfindlichkeit / Gereiztheit
  • Unruhiger Schlaf

Stress entgegenwirken mit Entspannung

Das beste Mittel gegen Stress ist Entspannung! Deshalb sollten wir Momente der Entspannung zu unserer täglichen Routine machen. Auf diese Weise hat Stress kaum eine Chance, zu einem Dauerzustand zu werden.

Wenn Du jetzt denkst, dass Du Dir so einen Luxus in Deinem vollgepackten Alltag nicht leisten kannst, brauchst Du erst recht Entspannung. Es geht immerhin um Dein Wohlergehen und das hat oberste Priorität. Es liegt an uns gut für uns zu sorgen. Das tun wir, indem wir Momente der Erholung schaffen und uns vollkommen entspannen.

 

Entspannung

Manchmal reichen schon kurze Momente des Innehaltens, um große Veränderungen zu bewirken. Lass Dich von mir inspirieren!

Ich bin absolut überzeugt davon, dass Du ein paar meiner Ideen für  mehr Entspannung in Deinen Tagesablauf integrieren kannst.

55 einfache Tipps für sofort mehr Entspannung

  1. Schlaf mal so richtig lange aus
  2. Bleib noch eine Weile im Bett liegen, strecke und räkel Dich genussvoll
  3. Beginne den Tag mit einem Morgenritual, das Dir Freude bereitet (Tasse Tee, Meditation, Dehn- oder Yogaübungen)
  4. Trinke bewusst ein Glas klares Wasser
  5. Umarme Dich für eine Weile selbst
  6. Mach Dir ein liebes Kompliment – am besten mehrmals am Tag
  7. Verwöhne Deinen Körper mit gesunder und vitaminreicher Nahrung
  8. Nimm Dir Zeit, wenn Du isst und genieße es ganz bewusst und achtsam
  9. Konzentriere Dich immer nur auf die eine Sache, die Du gerade tust
  10. Schalte Dein Smartphone und das WLAN eine Zeit lang aus
  11. Setze Dich selbst an erste Stelle und sag heute einfach mal NEIN!
  12. Dreh die Musik auf und tanze frei durch Deine Wohnung
  13. Schüttle Deinen ganzen Körper kräftig durch
  14. Erlaube Dir auch einfach mal nichts zu tun!
  15. Schließe Deine Augen und denke an etwas Schönes
  16. Atme in den Bauch und beobachte Deinen Atem eine Weile
  17. Fahre mit dem Fahrrad auf Feldwegen entlang
  18. Mach einen ausgedehnten Spaziergang im Wald
  19. Umarme für eine Weile einen Baum
  20. Leg Dich auf eine Wiese, in den Sand oder in den Schnee
  21. Laufe Barfuß und spüre den Boden unter Deinen Füßen
  22. Fühle den Wind und die Sonne auf Deiner Haut
  23. Lausche dem Gezwitscher der Vögel
  24. Erlaube Dir mal ganz laut alles raus zu schreien
  25. Tu, was Dir Freude macht und wozu sonst nie Zeit ist (malen, basteln, backen…)
  26. Fahr raus ans Meer und lass Dich von der Weite und den Wellen davontragen
  27. Mach Dir einen schönen Tag am See, im Schwimmbad oder in der Sauna
  28. Nimm an einer geführten Yogastunde teil
  29. Mach es Dir mit Deinem Lieblingsbuch gemütlich
  30. Lächle andere Menschen grundlos an
  31. Schenke Dir selbst etwas, was Du gerne haben möchtest
  32. Lass jemanden wissen, wie wertvoll er oder sie für Dich ist
  33. Umarme einen geliebten Menschen ganz fest und lass Dich von ihm oder ihr streicheln
  34. Lade Dich selbst zu einem Date ein und geh ins Theater, Kino, Restaurant…
  35. Plane Deinen nächsten Urlaub oder das nächste Date mit Dir selbst und sei in Vorfreude
  36. Mach einen Mittagsschlaf
  37. Geh auf einen Spielplatz, um zu schaukeln und zu rutschen
  38. Male mit Kreide Bilder auf die Straße
  39. Spring mit Gummistiefeln durch Regenpfützen
  40. Singe laut zu Deinem Lieblingssong mit
  41. Setze Dich an einen See und schaue eine Weile auf die Wasseroberfläche
  42. Beobachte Tiere in ihrer freien Wildbahn (Enten, Vögel, Eichhörnchen, Rehe)
  43. Spüre öfter mal in Deinen Körper hinein – von den Zehenspitzen bis hoch zum Kopf
  44. Grabe Deine Hände in die Erde – im Garten oder beim Zimmerpflanzenumtopfen
  45. Koche Dir Dein Lieblingsessen und lass Dir dabei Zeit
  46. Erlaube Dir heute auch zu Naschen
  47. Gönne Dir ein heißes Schaum- oder Fußbad
  48. Massiere Dich selbst mit wohlduftendem Öl
  49. Suche Deinen Lieblingsfilm raus und mach es Dir auf Deinem Sofa gemütlich
  50. Mach Dir eine heiße Schokolade oder leckeren Chai-Tee
  51. Nimm eine Wärmflasche mit unter Deine Decke
  52. Geh nachts raus und schau Dir die Sterne an
  53. Beende den Abend mit einem für Dich stimmigen Abendritual (Tagebuch Schreiben, Lesen, Meditation…)
  54. Atme durch die Nase tief in den Bauch ein und atme durch den Mund aus, so, als würdest Du gerade zwei schwere Koffer abstellen. Wiederhole das noch zwei Mal
  55. Besorge Dir eine geführte Entspannungs-Meditation und höre sie zum Einschlafen

Entspannt schlafen

Und? Spürst Du nicht auch schon beim Lesen wie wohltuend sich die Tipps anfühlen? Vielleicht magst Du ja mal versuchen, jeden Tag mindestens drei dieser Impulse auszuprobieren. Die Besten machst Du dann zu Deiner täglichen Routine. Falls das nicht geht, dann vielleicht wenigstens zu einer wöchentlichen?

Aber mal ehrlich, wie oft stehst Du an der Supermarktkasse, der Bushaltestelle oder im Stau? In solchen oder ähnlichen Situationen kannst Du kurz Deine Augen schließen, tief in den Bauch ein- und ausatmen oder Deinen Körper von den Zehen bis zum Kopf spüren. Diese Mini-Meditationen wirken nicht nur entspannend, sondern fördern auch Dein generelles (Selbst-) Bewusstsein.

Finde kreative Lösungen für mehr Entspannung

Sei kreativ und offen für Neues, wenn es darum geht, Entspannung in Dein Leben zu integrieren. Wenn Du den ganzen Tag im Büro verbringen musst, verzichte in Deiner Pause darauf Erledigungen zu machen, sondern leg Dich ins Gras und spüre die Sonne auf Deiner Haut.
Du musst Dir auch nicht für alle Tipps extra Zeit frei schaufeln. Beziehe Deinen Partner oder Deine Partnerin, Deine Kinder, Freunde und Kollegen einfach mit ein. Auch sie werden von dem Spaß und der Entspannung profitieren.  

Wenn Du magst, druck Dir die Liste aus, um Dich jeden Tag daran zu erinnern, wie viele Möglichkeiten Du hast, um Dir etwas Gutes zu tun. Du kannst sie außerdem beliebig erweitern. Magst Du vielleicht direkt Deine Impulse in einem Kommentar mit mir teilen? Ich bin neugierig und gespannt!

Schön, dass Du da bist!