Gefühle

Gefühle wollen gefühlt werden

Gefühle – Warum es uns so schwerfällt alles zu fühlen

In einer idealen Welt könntest Du jederzeit alle Deine Gefühle wahrnehmen und angemessen ausdrücken. In der Realität funktioniert das für viele von uns nicht so selbstverständlich. Besonders die sogenannten negativen Gefühle wie Angst, Wut und Scham unterdrücken wir meist, weil wir gelernt haben, dass es nicht angemessen ist, sie zu zeigen. Wie können wir aber eine authentische und gesunde Beziehung zu uns selbst und anderen eingehen, wenn wir nicht mit all unseren Gefühlen in Kontakt sind? Ist es möglich, das Unterdrücken von Gefühlen aufzugeben und sie alle gleichermaßen willkommen zu heißen?

Was sind Gefühle eigentlich?

Gefühle zu definieren ist gar nicht so einfach. Das ist erstaunlich, da sie im Alltag unsere ständigen Begleiter sind. Unsere Gefühle entstehen als Reaktion auf innere und äußere Gegebenheiten. Es sind wechselnde Zustände, die unter anderem stark durch unsere Gedanken beeinflusst werden und in Zusammenhang mit den Empfindungen unseres Körpers stehen. Wir alle haben also Gefühle, ob wir uns ihrer bewusst sind oder nicht.

 „Auf der Grundlage von Gefühlen entwickeln wir unsere Einsichten und die Fähigkeit, uns zu orientieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Gefühle, auch schmerzliche Gefühle, sind Verbündete, die uns wissen lassen, was in uns abläuft, und oft auch, wie wir auf Situationen reagieren sollen.“ (Bass, Ellen & Davis, Laura 2001)

Wir bringen ein vielfältiges Repertoire an Gefühlen mit auf diese Welt, die Ausdruck unserer Lebendigkeit sind. Die Fähigkeit zu fühlen macht uns menschlich und ermöglicht uns mitfühlende und nahe Beziehungen zu anderen Menschen.

Können wir uns immer gut fühlen?

Seien wir mal ehrlich. Wir wünschen uns doch alle insgeheim immer nur angenehme Gefühle zu haben oder? Das ist nachvollziehbar, denn im Körper empfinden wir Freude, Glück und Entspannung als angenehmer und leichter als Trauer, Wut oder Stress.

Die Positiv-Denken-Szene unterstützt die Idee, dass „gut drauf sein“ ein Dauerzustand sein kann, den es zu erreichen gilt. Der Anspruch oder das Ziel, sich immer nur gut zu fühlen, ist aber entgegen allen Gesetzmäßigkeiten. Wenn Du Dich regelmäßig in der Natur aufhältst, kannst Du genau beobachten, wie alles im ständigen Wandel ist. Die Jahreszeiten, das Wetter und der Kreislauf von Leben und Tod. Die Welt der Dualität ist eine Welt mit zwei Seiten. Licht kann nur da scheinen, wo Dunkelheit ist. Es ist nie andauernd nur sonnig und schön.

Genauso verhält es sich beim menschlichen Leben. Es lässt sich nicht vermeiden, dass wir auch mal mit unangenehmen Gefühlen konfrontiert werden. Wir alle werden mal krank, haben Liebeskummer und erleben Niederlagen und Verluste.

Nur positiv drauf sein zu wollen heißt, Du bist verdammt dazu, Deinen Schatten zu unterdrücken. Du bist verdammt dazu, alle Energien und Emotionen, die Du als negativ empfindest, zu unterdrücken. Das ist eine Katastrophe.“ (Lindau, Veit, 2020)

All unsere Gefühle haben ihre Daseinsberechtigung und verdienen es gleichermaßen gesehen und gefühlt zu werden. Lernen wir also alle Gefühle zu uns einzuladen und ihnen Raum zu geben. So als seien wir ein Gasthaus, dass es sich zum Ziel gesetzt hat seinen Besuchern eine angenehme Durchreise zu ermöglichen. Nachdem die Gäste eine schöne Zeit bei uns hatten, werden sie weiterziehen wollen und von neuen Gästen abgelöst werden. 

Gefühle

Warum fällt es uns so schwer, alles zu fühlen?

Unsere Fähigkeit zu fühlen spiegelt den Grad unserer Lebendigkeit wieder. Der Versuch, bestimmte Gefühle aus unserem Leben auszuschließen, ist also immer mit Einbußen verbunden.

Besonders wenn wir traumatisiert wurden, fällt es uns schwer, bestimmte Gefühle zu erlauben. Die Liebe und das Vertrauen, was wir unseren Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten entgegenbrachten, wurden missachtet oder sogar missbraucht. Das war so schmerzhaft, dass wir die Gefühle unterdrücken mussten, um weiter damit zu leben. Was damals lebenswichtig war, blockiert heute jedoch unsere Lebensenergie und unseren Selbstausdruck.

Wir haben es uns zur Angewohnheit gemacht, gegen Gefühle anzukämpfen, sie zu ignorieren oder an ihnen festzuhalten. Um unsere Lebensenergie wieder ins Fließen zu bringen, müssen wir die Gründe erkennen, die uns daran hindern, Gefühle als das zu verstehen, was sie sind – natürliche und sich ständig verändernde Zustände.

1. Bewertung der Gefühle

Den natürlichen Ausdruck und die Veränderlichkeit unserer Gefühle können wir am Besten bei Babys oder Kleinkindern beobachten. Bekommt ein kleines Kind im Supermarkt nicht den ersehnten Schokoriegel, wirft es sich wütend und traurig auf den Boden und weint bitterliche Tränen. Einige Minuten später erblickt das Kind einen Welpen und wird ruhig. Es ist entzückt vom Anblick des kleinen Hundes und strahlt vor Freude bis über beide Ohren.

Was unterscheidet dieses Kind von uns? Warum hat es keine Scheu, seine Gefühle jederzeit frei auszudrücken? 
Es bewertet seine Gefühle nicht so wie wir es tun. Kleine Kinder drücken einfach frei aus, was gerade in ihnen vorgeht. Wir Erwachsenen hingegen verfügen über ein inneres Bewertungssystem, dass uns in unserer Kindheit antrainiert wurde.

Wenn unsere Eltern oder andere Erziehungsberechtigte keinen rationalen Grund für unsere Tränen oder unsere Wut gesehen haben, sprachen sie uns die Daseinsberechtigung dieser Gefühle ab. Wir wurden getadelt oder sogar bestraft, wenn wir uns unerwünscht verhielten und gelobt oder belohnt, wenn wir vermeintlich etwas richtigmachten. Auf diese Weise haben wir innere Überzeugungen und Glaubenssätze verinnerlicht, mit denen wir unsere Gefühle bis heute in die Kategorien richtig oder falsch einordnen.

2. Angst vor Konsequenzen

Die zuvor beschriebene Programmierung sorgt auch dafür, dass wir bestimmte Gefühle bei unserem Gegenüber mit bestimmten Verhaltensweisen verknüpfen. Wenn wir beispielsweise als Kinder bestraft wurden, weil wir unserer Wut Ausdruck verliehen haben, kann es sein, dass wir unsere Wut auch heute unterdrücken, um nicht alleingelassen zu werden.

 

3. Identifikation mit Gefühlen

Ohne uns dessen bewusst zu sein, identifizieren wir uns häufig auch mit unseren Gefühlen. Wenn unser Leben zum Beispiel von schlimmen Erfahrungen geprägt war oder wir uns in schwierigen Lebensphasen befinden, fühlen wir uns womöglich dauerhaft traurig, depressiv oder schwach. Vielleicht beschreiben wir uns sogar als traurige oder ängstliche Person.

Selbst wenn wir uns bemühen, etwas an unserem Zustand zu verändern, indem wir Selbsthilfebücher lesen oder positive Affirmationen zu Hilfe ziehen, halten wir womöglich unbewusst an unserem gewohnten Gefühlszustand fest.

Gefühle nicht festhalten

Wir haben noch nicht erkannt, dass Gefühle keine Dauergäste sind und sie sich ständig verändern. In Wahrheit sind wir keine per se ängstlichen, wütenden oder traurigen Menschen. Wir haben die Fähigkeit, diese Gefühle zu fühlen und daneben auch all die vielfältigen anderen Gefühle.

Um Dir der Unbeständigkeit Deiner Gefühle bewusst zu werden, ist Meditation eine hilfreiche Methode, weil Du damit Deine Achtsamkeit stärkst. Du musst nicht unbedingt an einem Meditationskurs teilnehmen oder täglich mehrere Stunden im Lotussitz verharren. Auch kurze Momente der Stille, die Du in Deinen Tagesablauf einbaust, können schon eine transformierende Wirkung haben. Versuche Dir solche Momente zur festen Gewohnheit zu machen und sie zu nutzen, indem Du Dir folgende Fragen stellst:

„Was spüre ich in meinem Körper?“

„Wie fühle ich mich gerade?“

Wenn Du Dir, Deiner Gefühle und Körperwahrnehmungen immer mehr bewusst wirst und sie jederzeit wahrnehmen kannst, wirst Du bemerken, dass Deine Selbstakzeptanz zunimmt und Du beginnst Dich mehr zu lieben.

4. Falsche Affirmationen 

Affirmationen sind kurze Sätze, die unsere Gefühle und Gedanken positiv beeinflussen sollen. Unumstritten sind positive Affirmationen ein sehr wirksames Tool, um alte und begrenzende Glaubenssätze zu erneuern. Die Arbeit mit positiven Affirmationen ist aber mit Vorsicht zu genießen. Sie können nämlich auch zur Verdrängung von Gefühlen eingesetzt werden.

Angenommen Du fühlst Dich eine Zeit lang kraftlos und müde und rezitierst dann immer wieder die Affirmation „Ich bin voller Kraft und Energie“. Dabei handelt es sich nicht um eine wirkungsvolle Affirmation, sondern salopp gesagt um einen Satz, mit dem Du Dich selbst belügst. Du würdigst Dein Gefühl nicht und versuchst stattdessen, es wegzumachen. Womöglich wiederholst Du auf diese Weise dasselbe, was Deine Eltern oder andere Bezugspersonen früher mit Dir gemacht haben. Jetzt hast Du die Chance, Dir selbst die Liebe zu geben, die schon als Kind verdient hast. Erlaube Dir alles zu fühlen und bleib liebevoll an Deiner Seite.

Um sicherzugehen, dass Deine Affirmationen zu Deiner Entwicklung beitragen, statt sie zu behindern, kannst Du Dir bei der Formulierung folgende drei Fragen stellen:

  • Ist das wirklich wahr?
  • Handelt es sich um einen Wunsch?
  • Will ich damit ein Gefühl vermeiden?

Nehmen wir an Du kannst Dich gerade nicht besonders gut leiden und wählst die Affirmation „Ich liebe mich.“ Wenn Du Dich jetzt fragst, ob das wirklich wahr ist, wird die Antwort vermutlich Nein lauten. Du wirst Dir also im Folgeschluss eingestehen müssen, dass es sich um einen Wunsch handelt und Du Dich in Wahrheit gerade klein und kraftlos fühlst oder sogar Ablehnung gegen Dich empfindest. 

Wähle stattdessen die Formulierung „Ich bin gewillt mich zu lieben“. Wenn Du jetzt die Fragen durchgehst, wirst Du herausfinden, dass Du damit eine gelungene Affirmation formuliert hast.

Fühlen statt positiv Denken

Sobald wir die Gründe dafür verstanden haben,  dass wir unsere Gefühle nicht gut wahrnehmen und ausdrücken können, dürfen wir uns wieder an das Fühlen herantasten. Gerade in Bezug auf Trauma stellst Du damit die Weichen zu Deiner Heilung. Denn Traumaheilung bedeutet das Fühlen der schmerzlichen Gefühle aus Deiner Vergangenheit.

a.) Fühlen wieder neu lernen

Es gibt verschiedene Wege, um zu lernen, Deine Gefühle wahrzunehmen. Kreative und schöpferische Tätigkeiten wie Tanzen oder Malen können Dir behilflich sein. Wenn Dir der Zugang dazu schwerfällt, kannst Du auch Deinen Verstand als Helfer einsetzen. Du kannst Dich in bestimmten Situationen fragen, wie sich wohl die Mehrheit der Menschen in derselben Lage fühlen würde.

Eine weitere Möglichkeit ist es, eine umfangreiche Liste mit sämtlichen Gefühlen zu erarbeiten. Diese kannst Du immer bei Dir tragen und in verschiedenen Situationen mit ihrer Hilfe herausfinden, welche Gefühle jetzt auf Dich zutreffen. Die Wissenskarten aus der Gewaltfreien Kommunikation können Dich bei der Erarbeitung einer Gefühlsliste unterstützen.

Besonders hilfreich ist es, bei Deinem Körper zu beginnen. Denn wie bereits erwähnt, gehen unsere Gefühle immer mit Körperempfindungen einher. Redewendungen wie „Ich hatte vor Angst einen Kloß im Hals“ oder „Ich habe gerade so eine Wut im Bauch“ zeigen bildhaft den Zusammenhang von Gefühl und Körperempfindung auf.

Wenn Du Deinem Körper bis heute wenig Bedeutung beigemessen hast, kann es Dir zu Beginn schwerfallen, Deine Körperempfindungen wahrzunehmen. Lass Dich nicht davon abschrecken, wenn Dein Kopf denkt, dass Du gar nichts spüren kannst. Vertraue auf Deinen Körper. Du hast alle Zeit der Welt und es gibt hilfreiche Werkzeuge, um den Zugang zu Deinen Körperempfindungen zu unterstützen, zum Beispiel progressive Muskelentspannung, geführte Meditationen und Yoga.

b.) Umgang mit schmerzlichen Gefühlen

Sobald Du Deine innere Ablehnung gegen bestimmte Gefühle aufgegeben hast, kann es sein, dass sich sehr schmerzliche Gefühle zeigen, die lange keinen Raum bekamen. Traumagefühle können so stark sein, dass wir Angst haben, überwältigt zu werden, die Kontrolle über uns zu verlieren oder nie mehr aufhören können zu leiden.

Es ist gut möglich, dass Du eine Zeit lang viel Schmerz und Trauer, später Wut und Angst fühlst. Scheue Dich nicht Dir Hilfe zu suchen, wenn Du bemerkst, dass Deine Gefühle Dir Angst machen. Wenn Du so lange Zeit bestimmte Gefühle meiden musstest, kann es eine überwältigende Erfahrung sein, diese in ihrer ganzen Intensität zu fühlen. Du kannst Dir aber sicher sein, dass sich auch dies wieder verändern wird. Und indem Du ab jetzt Deine Gefühle achtsam beobachtest, wirst Du zunehmend auch Freude, Hoffnung, Stolz und wachsende Zufriedenheit spüren.

Um die gesamte Tiefe Deiner Gefühle zu fühlen, musst Du das ganze Spektrum Deiner Gefühle wieder zu Dir einladen.

Schön, dass Du da bist!

Koautor: Marco Sascha Heyn

 

Quellenverweise: 

Bass, Ellen & Davis, Laura (2001): Trotz allem – Wege zur Selbstheilung für sexuell mißbrauchte Frauen, 9. Edition, Berlin

Lindau, Veit (2020): Erfolgswerk. Abgerufen am 23. Januar 2021, von https://app.homodea.com/suche/erfolgswerk

Ängste und Selbstzweifel überwinden

Ängste und Selbstzweifel überwinden in sieben Schritten

Es ist soweit. Nach monatelanger Vorbereitung veröffentliche ich heute meinen ersten Blog-Beitrag! Neben freudiger Aufregung und ein klein wenig Stolz spüre ich große Unsicherheit. Ich habe viele Ängste und Selbstzweifel. Welche das sind und wie ich damit umgehe, erfährst Du im Beitrag. Außerdem teile ich mit Dir die sieben Schritte, die mir dabei helfen meine Ängste und Selbstzweifel zu überwinden. 

Wie alles begann

Als ich vor ein paar Jahren mit meinen Traumagefühlen in Kontakt kam und ich mir eingestehen musste, dass ich als Kind sexuell missbraucht wurde, fand ich Halt in den Berichten anderer Frauen, die Ähnliches erlebt hatten. In meinen dunkelsten Stunden fühlte ich mich dadurch verstanden und weniger allein. Außerdem machten mir die Geschichten von Frauen Mut, die es geschafft haben, ihre Traumata zu heilen und so ganz neue Fähigkeiten und Potenziale in sich zu entdecken.   

Als ich im Rahmen meiner Traumatherapie immer mehr in meine Kraft gekommen bin, gefiel mir der Gedanke, dass auch meine schlimmen Erfahrungen nicht umsonst gewesen waren. In mir entstand der Wunsch, etwas zurückzugeben.
Ich hatte schon immer davon geträumt, ein Buch zu schreiben, jetzt hielt ich mich erstmals auch für fähig, diesen lang ersehnten Wunsch umzusetzen. So beschloss ich über all das zu schreiben, was ich so lange verdrängen musste und dabei anderen Frauen Halt und Mut zu spenden.

Nachdem ich einen Schreibkurs gemacht hatte, bemerkte ich jedoch, dass das mit dem Buch ein langwieriger Prozess ist. Also beschloss ich zunächst einen Blog zu veröffentlichen und so andere Frauen unmittelbar an meinem Weg der Ganzwerdung teilhaben zu lassen.

Doch auch nach diesem Entschluss vergingen viele Monate, in denen ich noch immer keinen Beitrag veröffentlichte. Warum? Nun, es gab mehrere Gründe dafür, warum sich mein Vorhaben hinausgezögert hat. Meine anfängliche Euphorie sowie mein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl waren und sind leider noch keine Konstanten in meinem Leben geworden. Das spürte ich in Form von Blockaden, immer dann, wenn Herausforderungen aufgekommen sind.

Herausforderungen und Blockaden


Erstellung einer eigenen Website

Es überforderte mich maßlos, als es darum ging, aus der Vielzahl von Webspace-Anbietern einen geeigneten für mich zu finden und dann auch noch eine eigene Website zu erstellen. Die relativ leicht zu bedienenden Bausteinsysteme kamen für mich nicht infrage, weil ich sehr spezielle Vorstellungen für meine Homepage hatte. So eignete ich mir also einiges an unbekanntem Vokabular an und arbeitete mich in das Universum WordPress ein. Obwohl mir das inzwischen relativ gut gelungen ist, gab es durchaus nervenaufreibende Momente, in denen ich glaubte, daran zu scheitern.

Große Selbstzweifel

Angst nach Trauma

Als Nächstes musste ich feststellen, dass das Schreiben eine völlig andere Qualität annimmt, wenn ich es nicht einfach nur für mich tue, sondern im Hinterkopf habe, damit in die Öffentlichkeit zu treten. Wie ich Texte sinnvoll aufbaue und sie ansprechend verfasse, war nach dem Abschluss von Schule und Studium nie wieder relevant für mich. Ich fing an, mein gesamtes Vorhaben anzuzweifeln, weil ich glaubte, nicht gut genug zu sein, geschweige denn gut schreiben zu können.

Dabei habe ich so viel zu sagen! Mein Herz ist voller Gefühle, die ich ausdrücken will und meine Gedanken sind oft voller Poesie. Auch an Beitragsideen mangelt es mir überhaupt nicht! Wenn es aber darum geht meine Texte so zu verfeinern, dass ich sie für gut genug halte, um sie zu veröffentlichen, sabotiert mich mein innerer Kritiker, indem er Perfektion abverlangt und mir sagt, wie schlecht ich bin.

Ablenkung

Um mich nicht mit meinen Gefühlen von Wertlosigkeit und Angst auseinandersetzen zu müssen, habe ich das Schreiben zeitweise völlig vermieden. Plötzlich erschien alles Mögliche wichtiger und ich habe mich viel abgelenkt. Obwohl es mein Herzenswunsch ist zu Schreiben erschien es mir plötzlich wie eine Last. Ich setzte mich selbst unter Druck, wodurch ich mich noch schlechter fühlte. Insgeheim wusste ich ja auch, dass ich vor etwas davonlaufe.

Kraftlosigkeit durch innere Prozesse

Meine innere Arbeit hat mit meinem neuen Vorhaben natürlich nicht aufgehört. Im Gegenteil. Ich wurde radikal mit meinen ganzen Selbstzweifeln und Ängsten konfrontiert. Die Maßnahmen der Bundesregierung aufgrund von Corona sowie die Fernbeziehung mit meinem damaligen Freund, der Vater eines 3-jährigen Sohnes ist, brachten zusätzlich viele Trigger mit sich. Es gab Tage, manchmal sogar Wochen, an denen ich mich wieder sehr kraftlos fühlte. Zeitweise verfiel ich dann zurück in alte Denk- und Verhaltensmuster, sodass ich am liebsten nur noch in meinem Bett bleiben wollte.

Selbstzweifel und Kraftlosigkeit

Angst davor sichtbar zu werden

Manchmal wollte ich alles hinschmeißen, weil ich riesige Angst davor bekommen habe, mich sichtbar zu machen. Das Blogprojekt konfrontiert mich auch jetzt noch mit tief verankerten Überzeugungen darüber, wertlos und nicht gut genug zu sein. Diese Prägungen finden ihren Ursprung in meiner Kindheit. Vielleicht sogar schon davor.
Als Baby wurden meine Schreie von meinen Eltern häufig ignoriert, weil man das damals für angebracht hielt. Später wurde meinen Worten keine Bedeutung beigemessen, weil ich nur das Kind war. Zu alledem bin ich mit einem älteren Bruder aufgewachsen, der mich ablehnte und mich das auch jeden Tag spüren ließ. Im Grunde glaube ich deshalb nicht nur wertlos zu sein, sondern gar keine Daseinsberechtigung zu haben. Aus diesem Grund fällt mir der Schritt in die Sichtbarkeit heute so unfassbar schwer.

Was kann ich tun, um die tief verankerten Überzeugungen aus mir heraus zu bekommen? Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen und Schuldzuweisungen helfen mir auch nicht aus dem Schlamassel heraus.

Gerne verrate ich Dir sieben Schritte, die es so gut wie unmöglich machen, weiterhin von Ängsten und Selbstzweifeln ausgebremst zu werden.

Angst und Selbstzweifel

7 Schritte zur Überwindung von Ängsten und Selbstzweifeln


1. Entschlossenheit und eine klare Absicht

Wenn Du wirklich etwas in Deinem Leben verändern möchtest, ist der wichtigste Faktor Deine feste Entschlossenheit! Egal, ob es um Deine Ängste und Selbstzweifel geht oder ob Du ein äußeres Ziel verfolgst.
Häufig fassen wir Entschlüsse und sind zu Beginn voller Euphorie. Sobald sich dann Hindernisse oder Selbstzweifel melden, neigen wir dazu, komplett aufzugeben und uns gewissermaßen mit dem Ursprungszustand abzufinden.

Um bei Herausforderungen oder Selbstzweifeln am Ball zu bleiben und nicht alles hinzuschmeißen, hilft Dir eine klare Absicht. Diese solltest Du Dir aufschreiben und immer wieder durchlesen. Teile Deine Absicht auch mit anderen Menschen, die Dich hin und wieder daran erinnern können.

Ganz wichtig ist auch, Deine Gefühle mit in Deine Absicht einzubinden. Stell Dir also vor, wie Du Dich fühlen wirst, wenn sich alles nach Deinen Vorstellungen erfüllt. Jetzt ist es das A und O, dass Du Deine Absicht nicht aus den Augen verlierst. Deiner Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Ein Visionboard ist zum Beispiel eine super Methode.
Du kannst Dir in Gedanken auch konkrete Situationen von Deinem Wunschzustand ausmalen und das Ganze dann aufschreiben, so als würdest Du ein Drehbuch verfassen. 

Wenn Du dann das nächste Mal an einen Punkt des Zweifelns kommst, lass Dich in diese inneren oder äußeren Bilder und Gefühle hineinsinken. Das wirkt wahre Wunder! Du musst es nur tun!

2. Verantwortung für Dein Glück übernehmen

Immer mal wieder ertappe ich mich dabei, wie ich meiner Familie die Schuld für meine Ängste und Selbstzweifel gebe. Wenn ich das tue, dann empfinde ich mich als Opfer der Umstände und gebe die Verantwortung für mein Glück ab.

Es ist richtig, dass unsere Eltern oder andere Bezugspersonen in der Vergangenheit Einfluss auf uns hatten. Als Kinder waren wir ihnen gewissermaßen ausgeliefert. Heute sind wir das aber nicht mehr und bestimmen selbst über unser Leben!

Aber Achtung! Verantwortung für Dich zu übernehmen bedeutet nicht, die Geschehnisse der Vergangenheit zu verdrängen oder abzutun! Obwohl ich den Begriff Opfer nicht mag, ist es wichtig das eigene Opfersein und die dazugehörigen Gefühle anzuerkennen.

An diesem Punkt neigen wir dazu, die Verantwortung für unsere Eltern oder Bezugspersonen zu übernehmen, indem wir sagen: “Sie hatten es ja selbst nicht leicht“, „sie haben ihr Bestes gegeben“ oder „sie haben uns ja trotzdem geliebt”. All das ist richtig. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass Du tiefe Wunden davongetragen hast.

Täter-Opfer-Dynamik

Täter-Opfer-Dynamik – Wie Dir der Ausstieg gelingt

Du darfst die Verantwortung für die Verhaltensweisen Deiner Eltern jetzt an sie übergeben und Dich stattdessen Dir und Deinen Gefühlen zuwenden. Damit handelst Du in Selbstliebe und aus dieser heraus bist Du in der Lage, selbstverantwortliche Entscheidungen für Dein Glück zu treffen.

 

3. Akzeptanz der eigenen Überzeugungen und Gefühle

Auch Deine alten Überzeugungen und die damit einhergehenden Gefühle wollen gefühlt werden. Es ist wichtig, sie zu akzeptieren und willkommen zu heißen! „Hallo Ängste und Selbstzweifel, ich nehme euch wahr und ihr seid willkommen! Ihr seid ein Teil von mir!“
Wenn Du im Widerstand mit Anteilen von Dir selbst bist, dann wiederholst Du die Ablehnung, die Du einst selbst erfahren hast. Stattdessen darfst Du Dir liebevoll begegnen, mit allem was da ist. Deine Schatten können nur weichen, wenn Du Licht darauf scheinen lässt.  

4. Neue Überzeugungen manifestieren

Sobald Du Dir Deiner alten Überzeugungen bewusst geworden bist, kannst Du sie gegen neue, wünschenswerte ersetzen. Ich persönlich arbeite schon seit vielen Jahren mit Glaubenssätzen und habe damit auch schon einige Überzeugungen transformiert.

Wir haben diese destruktiven Überzeugungen, weil sie uns so viele Jahre von klein auf eingetrichtert wurden. Es braucht also Geduld und Durchhaltevermögen, um jetzt neue Überzeugungen zu verinnerlichen. Wenn Du einen Gedanken aber oft genug denkst, dann wird er für Dich auch zur Wahrheit.

Wesentliche Glaubenssätze könnten zum Beispiel sein: „Ich bin wertvoll“, „Ich bin richtig, so wie ich bin“ oder „Es ist wichtig, was ich zu sagen habe“.
Sprich sie Dir auf und höre sie Dir immer wieder an oder schreib sie auf Zettel und kleb sie Dir in die Wohnung! Je öfter Du sie liest, hörst oder aussprichst, desto wirkungsvoller. Besonders kurz vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen ist Dein Unterbewusstsein aufnahmebereit für neue Überzeugungen.

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Negative Glaubenssätze transformieren in vier Schritten

5. Ins Handeln kommen

Das Sprechen und Denken von Glaubenssätzen ist ein guter und wirksamer Ansatz, der aber auch seine Grenzen hat. Um nachhaltige Veränderungen in Deinem Leben zu erzielen, braucht es drei weitere Buchstaben: TUN!

Selbstzweifel überwinden

Du musst Deinem Gehirn und dem Universum klarmachen, dass Du jetzt wirklich etwas verändern willst und das funktioniert am besten durch neue Handlungsweisen.

„Die Definition von Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun
und andere Ergebnisse zu erwarten.”
(Albert Einstein)

Versuch doch mal gewohnte Handlungsweisen gegen neue zu ersetzen. Das darf gerne auch mal anstrengend sein. Die größte Transformation erzielst Du nämlich, wenn Du regelmäßig Deine eigene Komfortzone verlässt.
Meistens weißt Du genau, was Dir guttut und was Dich weiterbringt, aber aus Bequemlichkeit schiebst Du Dein Vorhaben immer wieder auf.
Womöglich geht es Dir auch wie mir gerade und Ängste stehen Dir im Weg. Aber soll ich Dir mal was verraten? Ängste sind immer auch mit Wachstumspotenzial verknüpft.
Ich stelle mich heute meiner Angst, indem ich diesen Beitrag online stelle und ich weiß, ich werde daran wachsen. 

6. Liebevoll und geduldig mit Dir sein

Zu lernen, liebevoll und geduldig mit Dir zu sein, wenn Du voller Selbstzweifel bist, ist eine große Herausforderung. Die meisten von uns wurden als Kinder nicht liebevoll und geduldig in ihren Prozessen gefördert, sondern an ihren Leistungen gemessen, die es mit Druck zu verbessern galt. Diesen Umgang setzen wir heute fort, indem wir uns immer dann kritisieren und unter Druck setzen, wenn wir eigentlich liebevolle Zuwendung oder Unterstützung brauchen.

Das tat ich zum Beispiel, als ich für meine Website wesentlich länger brauchte, als ich es eingeplant hatte. Ich setzte mich zeitweise so unter Druck, dass ich die Freude an der Sache verlor. Zum Glück habe ich es recht schnell bemerkt und etwas dagegen unternommen. Es half mir Pausen einzulegen und mich auch mal mit Tagen des Nichtstuns zu belohnen.

Ein wertvolles Hilfsmittel für mich ist die Vorstellung, ich würde mit einem Kind sprechen, dass gerade voller Ängste und Selbstzweifel ist. Ein Teil von mir ist dieses Kind und das hat es verdient, liebevoll und geduldig auf seinem Weg begleitet zu werden.

7. Umdenken, statt aufgeben

Als ich feststellte, wie groß meine Angst davor ist, mich sichtbar zu machen und meine persönlichen Themen zu teilen, wollte ich das ganze Projekt an den Nagel hängen. Eine ganz liebe Wegbegleiterin brachte mich dann auf die Idee, doch erst mal über weniger persönliche Themen zu schreiben. So simpel das klingen mag, bin ich selbst nicht darauf gekommen.

Neue und andere Sichtweisen können eine Hilfe auf Deinem Weg sein. Scheue Dich also nicht, Dich anderen mitzuteilen und Dich von ihnen inspirieren zu lassen.

Wenn wir etwas Neues wagen, können wir zu Beginn noch nicht alles wissen. Wir dürfen es als Lernprozess betrachten. Sprechen und Lesen haben wir ja auch nicht an einem Tag gelernt, sondern wurden erst über Jahre hinweg gut darin. So ein neuer Blickwinkel kann wahre Wunder wirken.

Ein weiterer Ansatz, der es mir leichter macht, mich meinen Ängsten zu stellen, ist es, das Ganze als Experiment zu betrachten. Bei einem Experiment ist kein Scheitern möglich. Man probiert etwas Neues aus und entweder es gefällt einem, dann macht man es weiter oder es gefällt einem nicht und man hört damit auf. 

Heute starte ich ein spannendes Experiment! Ich traue mich etwas Neues und ich weiß in jedem Fall, dass ich daran wachsen werde! Auch wenn der Beitrag meinem inneren Kritiker nicht gut genug geschrieben oder zu lang ist, gehe ich heute damit online. Einfach, weil es mein Herzenswunsch ist und ich mich nicht länger von meinen Ängsten und Selbstzweifeln ausbremsen lassen will! Mutig wage ich also heute diesen Schritt und bin neugierig, was passiert!

Stehst auch Du gerade vor einer neuen Herausforderung und bist mit Deinen Ängsten und Selbstzweifeln konfrontiert? Teile gerne in einem Kommentar, wie Du Dich gerade fühlst oder hinterlasse mir ein allgemeines Feedback zu meinem Beitrag!

Schön, dass Du da bist!